Handball Handball: Neue Vorwürfe belasten den THW
Hamburg/dpa. - Der Gesellschafter des Bundesliga-Konkurrenten Rhein-Neckar Löwen,Jesper Nielsen, schilderte der Hamburger Morgenpost (Freitag-Ausgabe)Gespräche mit dem Hauptbeschuldigten und zurückgetretenen THW-ManagerUwe Schwenker sowie dem ehemaligen THW-Trainer Zvonimir Serdarusic,in denen sie Bestechungen eingeräumt hätten. Serdarusic habe auch dieAbsicht gehabt, nach seiner Entlassung 2008 Schwenker «aus Rache» mitbelastenden Kontoauszügen zu erpressen. Das Ausmaß der Manipulationsei sehr hoch: 22 von 25 internationalen Schiedsrichter-Duos seienkäuflich, will Nielsen von Serdarusic erfahren haben.
Der THW Kiel kündigte rechtliche Schritte gegen Nielsen an. Ineiner Pressemitteilung hieß es: «Der THW Kiel geht nach wie vor davonaus, dass die von Herrn Nielsen erhobenen Vorwürfe inhaltlich falschund sachlich unbegründet sind. Über die in Zagreb und im HauseSerdarusic geführten Gespräche liegen abweichende und gegenteiligeAngaben beteiligter Dritter vor. Außerdem weichen diese Äußerungenvon Herrn Nielsen in zahlreichen Punkten erheblich von eigenenfrüheren Aussagen vor den Ermittlungsbehörden und dem AmtsgerichtKiel ab.» Den dadurch begründeten Verdacht einer falschen uneidlichenAussage von Nielsen werde der THW der Staatsanwaltschaft Kielanzeigen.
«Es ist für Uwe Schwenker eine schwierige Abwägung gewesenzwischen dem Schutz der eigenen Interessen und dem Schutz desHandballs. Leider ist diese Abwägung zu Lasten des Handballsausgegangen», sagte Hans-Peter Krämer, Aufsichtsratsmitglied desLigaverbandes HBL, der vor einer «unendlichen Geschichte» warnte.Schwenker bestreitet nach wie vor die Vorwürfe derSchiedsrichterbestechung.
«Alles muss schnellstens auf den Tisch, damit diese herrlicheSportart wieder das Wesentliche sichtbar machen kann, nämlich denSport», erklärte Krämer am Freitag der Deutschen Presse Agentur dpa,«Handball bietet im Moment ein Bild wie der Radsport auf demHöhepunkt der Dopingkrise.» Derzeit würde sich noch nicht einmal inKiel jemand über den fünften Titel in Serie freuen, den der THW amWochenende perfekt machen kann: «Das hat einen makabren Beigeschmack,denn die Kieler spielen derzeit so gut wie nie».
Die bisher ungeschlagenen «Zebras» brauchen aus der Auswärtspartieam Sonntag beim TBV Lemgo nur noch einen Punkt, um vorzeitig zutriumphieren. Bei Trainer Alfred Gislason sorgte zumindest dieEntwarnung bei Rückraumstar Nikola Karabatic, der trotz Knieproblemenspielen kann, für Erleichterung.
Nielsen will unterdessen am Rande des WM-Finals am 31. Januar inZagreb von Schwenker über die Bestechung informiert worden sein. AuchTHW-Gesellschafter Hubertus Grote, Geschäftsführer der KielerNachrichten, habe davon gewusst. Begründet habe Schwenker dieManipulation damit, dass «man nur so die Champions-League gewinnt».Belege für die Bestechungen will Nielsen indes im Gespräch mitSerdarusic und dessen Ehefrau gesehen haben. Der Kroate hatte bereitseinen Drei-Jahres-Vertrag bei den Löwen unterzeichnet, der kurzdarauf aufgelöst worden war.
Zwar glaubt Nielsen nicht, dass der THW auch in der Bundesligabestochen habe, Serdarusic habe ihm aber gesagt, dass «international22 von 25 Schiedsrichter-Gespannen für Bestechungsgelder empfänglich»seien. Als Konsequenz aus der Manipulationsaffäre fordert Nielsenharte Strafen für den Konkurrenten, dessen Ruf «auf 20 Jahreruiniert» sei. So müsse der THW mit einer internationalen Sperre fürdrei Jahre und einem Punktabzug von 20 Zählern für die nächsteBundesliga-Saison bestraft werden. Der Geschäftsführer der Löwen,Thorsten Storm, sagte der dpa, bei den geforderten Strafen handle essich «um Nielsens persönliche Meinung, nicht den Standpunkt derRhein-Neckar Löwen. Wir können niemanden bestrafen.»
Details aus dem Gespräch mit Serdarusic, bei dem auch Stormanwesend gewesen sein soll, nannte er nicht. Bei dem Treffen sollten«Aussagen und Gerüchte» geprüft werden, um zu entscheiden, ob dasArbeitsverhältnis mit dem neuen Trainer angetreten werden könne. «Fürdie Rhein-Neckar Löwen war die Angelegenheit erledigt, nachdem unsNoka Serdarusic gewisse Dinge bestätigt hatte und wir den Vertrag mitihm aufgelöst hatten», sagte Storm, der sich um den Ruf seinerSportart sorgt. «Man muss aufpassen, dass wir damit unseresportlichen Leistungen nicht wieder mit dem Arsch umschubsen. Daspassiert nämlich gerade.»