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Handball Handball: Kollektiver «Gärungsprozess»

Von Thomas Tominski 23.05.2004, 14:26

Wittenberg/MZ. - Es war wie beim Bungee-Jumping. Erst folgte der freie Fall, kurz vor dem Aufprall ging es peu à peu wieder nach oben. Der Reihe nach: Zum Abschluss der Saison 2002 / 03 verließen mit Robert Szép Kis und Christian Raddatz zwei Leis- tungsträger die Lutherstadt, mit den Verpflichtungen von Jens Große sowie Steffen Bödemann (beide Delitzsch) wurde diese Leistungslücke schnell geschlossen.

Kurz vor dem Start in die neue Punktspielserie überschlugen sich die Ereignisse. Der neu gewählte Abteilungsleiter Carsten Ramm trat aus persönlichen Gründen zurück, Kapitän René Seiffert (Jessen) und Torsten Fuchs (Wolfen) stellten mit ihren überraschenden Wechseln Team und Trainer Thomas Eckleben vor vollendete Tatsachen. Wittenberg wurde ab sofort als heißester Abstiegskandidat gehandelt, nach dem verpatzten Start (2:14 Punkte) rieben sich alle Dauer-Nörgler an der "roten Laterne" genüsslich die Hände.

Die Aktie SV Grün-Weiß war spätestens jetzt keinen Pfifferling mehr wert, der Abgesang an den Stammtischen folgte. Trotz aller Häme und Kritik: Mannschaft, Trainer und Vorstand ließen sich nie aus der Ruhe bringen, mit dem Rücken zur Wand wuchs das Team zusammen. Zum Weihnachtsfest war das Thema Abstieg nur noch lästige Begleiterscheinung, mit drei Siegen in Folge (Kassel, Berlin, Hoyerswerda) schafften die Eckleben-Schützlinge den kollektiven Sprung aus dem Tabellenkeller. Jens Große, René Knabe und Torhüter Maik Engel avancierten zu polarisierenden Figuren auf dem Parkett, Kapitän Sebastian Tietz, Steffen Bödemann sowie Matthias Schwalbe sprangen über den eigenen Schatten der bis dahin praktizierten Mittelmäßigkeit. Zweiter Pluspunkt: Torwart Christian Brandt, Raik Nathow und André Möller (alle eigene A-Jugend) nutzten die Chance der anvisierten Integration in den Regionalliga-Kader, Ergänzungs-Spieler wie Sven Kuhne oder Torsten Raddatz passten sich nahtlos an das gestiegene Niveau an.

Mit den Erfolgen wuchs das Selbstvertrauen, einstelliger Tabellenplatz hieß das neue Saisonziel. Sportlicher Höhepunkt: der 28:26-Erfolg gegen den Tabellendritten LHC Cottbus. Die Zuschauer mussten jetzt nicht mehr auf ihren Samstag-Abend-Krimi verzichten, gegen den SC Magdeburg II (38:39) schrammten die Gastgeber knapp am ersten Erfolgs-Erlebnis gegen die Club-Reserve vorbei.

Zur Statistik: Der SV Grün-Weiß beendete die Saison 2003 / 04 auf dem neunten Tabellenplatz (26:34 Punkte, 861:874 Tore), nach dem Sieg gegen Cottbus am 23. Spieltag war der Klassenerhalt perfekt. Rechtsaußen Carlos Swoboda verließ die Lutherstädter Richtung Liga-Konkurrent Eintracht Glinde, der Ungar Robert Szép Kis (nach Jessen ausgeliehen) kehrt wieder nach Wittenberg zurück. Ecklebens kurzer Saisonrückblick: "Nach den ganzen Querelen im Vorfeld kann ich der Mannschaft zum Erreichen des neunten Rangs nur gratulieren. Zu Beginn der Punktspielserie hat uns oft das berühmte Quäntchen Glück gefehlt, mit den ersten Erfolgen stieg das Selbstbewusstsein. Jens Große war auch ohne Kapitänsbinde der Chef auf dem Parkett, Nachwuchs-Akteur André Möller steht kurz vor dem endgültigen Sprung in die erste Garnitur." Zur Rückkehr von Kis: "Robert ist ein sehr universell einsetzbarer Spieler, der charakterlich sehr gut ins Team passt." Letztes aus der Gerüchteküche: Nach dem Weggang von Carlos Swoboda ist Eckleben auf der Suche nach einem neuen Rechtsaußen.