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Handball Handball: Deutsche Schiedsrichter pfeifen für Olympia

Von CHRISTIAN ELSAESSER 23.01.2012, 15:33

Novi sad/mz. - Die Unterkunft könnte kaum schöner sein. Hoch über der Stadt Novi Sad, direkt an der Donau thront das Hotel Leopold I. Ein Fünf-Sterne-Haus, eingebettet in die Festung Petrovaradin.

Das Hotel ist in diesen Tagen Heimstatt der besten deutschen Handball-Schiedsrichter Marcus Helbig und Lars Geipel. Das Duo pfeift bei der Europameisterschaft in Serbien. Und fast könnte man meinen, die Unterbringung in einer Festung sei eine Art Symbolik. Denn die beiden Sachsen-Anhalter, Helbig lebt in Landsberg, Geipel in Steuden, scheinen so etwas wie die sicherste Bank des deutschen Handballs für eine Olympia-Teilnahme zu sein.

Die EM ist nicht nur für die Nationalmannschaften eine Qualifikations-Chance für London, sondern auch für die Schiedsrichter. "Unser großes Ziel", sagt Marcus Helbig, "ist es, einmal bei Olympia dabei zu sein." Doch die Plätze sind rar gesät. "Realistisch wird es vielleicht sechs Plätze für Schiedsrichter-Duos aus Europa geben", sagt Geipel. "Du kannst nur über gute Leistungen, die Basis legen, dass der Weltverband dich am Ende nominiert. Umgekehrt kannst du aber auch mit einem Spiel alles kaputt machen."

Geipel, 36, und Helbig, 40, pfeifen seit 19 Jahren gemeinsam. Zwölf Jahre sind sie in der Bundesliga aktiv, seit sieben Jahren international. Tausende Kilometer legen sie im Jahr zurück. Handball-Schiedsrichter ist ein zeitintensives Hobby und nicht ganz leicht vereinbar mit dem Beruf. Helbig arbeitet bei der Agentur für Arbeit, Geipel leitet die MZ-Redaktionen in Aschersleben und Bernburg. Es entbehrt also nicht einer gewissen Ironie, dass der EM-Einsatz mit dem riesigen Druck in den hitzigen serbischen Arenen für beide Urlaub ist. Das kann man sich entspannter vorstellen.

Geipel und Helbig haben ihre Serbien-Reise bisher genutzt. Drei Mal haben sie in der Vorrunde gepfiffen. Allein das ist ein kleiner Ritterschlag, denn kein anderes Gespann kam so oft zu Einsatz.

Jede Entscheidung, jeder Pfiff wird genau analysiert. Jeden Morgen um zehn Uhr, erzählt Helbig, ruft der europäische Verband EHF zum Meeting. Darin werden strittige Szenen vom Vortag auf Video ausgewertet. Erst in der Gruppe, danach auch in Einzelkritik für die Gespanne, die am Vortag im Einsatz waren. "Bisher", sagt Geipel, "war das Feedback sehr gut."

Das ist nicht selbstverständlich. Sportlich ist die EM geprägt von starken Abwehrleistungen und recht torarmen Spielen. Für die Schiedsrichter ist das eine ganz undankbare Tendenz. Nichts ist so schwierig zu überblicken wie die harten versteckten Duelle am Kreis. Fehler sind da fast unvermeidlich. Und wie sehr ein Pfiff mitunter über Wohl und Wehe entscheiden kann, erlebten auch Geipel und Helbig. Im Spiel Ungarn gegen Spanien entschieden sie in der letzten Sekunde auf Siebenmeter für die Ungarn, die so noch zum 24:24 kamen.

Der Zorn der Spanier war ihnen in diesem Moment sicher. Doch Geipel und Helbig wissen mit solchen Situationen umzugehen. Voriges Jahr waren sie bei der WM dabei, nun bei der EM. Und bald soll der Höhepunkt kommen. "Das ist für uns Schiedsrichter nicht anders als für alle Sportler. Jeder will einmal bei Olympia dabei sein."