«Ghost towns» «Ghost towns»: Von allen Geistern verlassen

Columbia/dpa. - «Barclays Bar» hatte einen schlechten Ruf, obwohl Martha und John Barclay auf strikte Einhaltung einiger Regeln achteten. Deshalb bekam John H. Smith keinen Absacker mehr. Er habe mehr als genug, bedeutete ihm die Wirtin. Den folgenden Streit wollte John Barclay mit dem Colt schlichten - Smith überlebte das nicht. In den Augen seiner Zechkumpane schrie das nach Rache: Schnell sammelte sich der Mob, Martha wurde noch in der gleichen Nacht Witwe. Es sind Geschichten wie diese, die Besucher in die kalifornische Geisterstadt Columbia locken, eine von rund 1000 «Ghost towns» in den USA.
Columbia liegt am Highway 49, der Straße der Goldsucher. Die historischen Goldstädte liegen an ihr wie Perlen an der Kette. Sie steigt am Vorgebirge der Sierra Nevada in nordöstlicher Richtung hinauf und endet nach zwei Autotagen im Hochgebirge.
Auf dem Weg nach Columbia ist ein Besuch in Coloma Pflicht: Hier fand John Marshall Anfang 1848 das erste Kalifornien-Gold. Außer einem Nachbau der Mühle, bei deren Bau der erste Nugget gefunden wurde, gibt es zwar nicht viel zu sehen. Aber das Gefühl, dass hier amerikanische Geschichte geschrieben wurde - Coloma löste den Goldrausch aus -, rechtfertigt den Stopp.
Im Gegensatz zu anderen so genannten Ghosts ist Columbia eine gut erhaltene Geisterstadt. 1854 und 1857 zerstörten Großfeuer die Goldsucherstadt. Da aber waren die Menschen hier schon so wohlhabend, dass sie Columbia mit Backsteinen neu aufbauen konnten. Daher blieben die Häuser erhalten, auch nachdem die Goldvorkommen erschöpft und ihre Bewohner fortgezogen waren. Bars, das Feuerwehrhaus, die Schmiede, das Büro des Sheriffs und das in allen Geisterstädten wichtige Gefängnis scheinen seit damals unberührt. Und seitdem heimatstolze Amerikaner mit vierspännigen Kutschen wie zu Zeiten des unglücklichen John Barcley durch Columbia fahren, fühlen sich die Besucher noch mehr in alte Zeiten versetzt.
Calico, 16 Kilometer hinter Barstow an der Nationalstraße 15 nach Las Vegas gelegen, ist eine voll bewirtschaftete Geisterstadt. Von 1880 an wurde hier nach Silber gegraben. In Calicos besten Zeiten konkurrierten mehr als 20 Bars und Saloons. Von 1892 an geriet Calico in wirtschaftliche Schwierigkeiten, 1929 verließen es die letzten Bewohner. Der Ort wäre längst in Staub versunken, hätte nicht vor etwa 60 Jahren Walter Knott die Ruinenstadt für sich entdeckt. Der Erbauer des Vergnügungsparks «Knotts-Berry-Farm» erweiterte die Überbleibsel zu einem «Ghost-Town»-Erlebnispark für zahlende Gäste.
Während haushohe Hinweistafeln an der «N 15» auf Calico aufmerksam machen, sind die meisten der echten Geisterstädte schwer zu finden. Ehemalige Army-Camps, längst aufgegebene Minen oder die Überbleibsel von Mühlen und Eisenbahnbauersiedlungen sind auf den meisten Autokarten nicht verzeichnet. Randsburg dagegen erscheint wieder auf dem Straßenplan: Der einst tote Ort im kalifornischen Kern County verzeichnet inzwischen sogar wieder 200 Einwohner samt einer Bed-and-Breakfast-Bleibe und wirbt mit dem Slogan «lebendigste Geisterstadt». Daran, dass alle meinen, Randsburg zu kennen, ist Hollywood schuld. Die hier typischen Holzhäuser mit der weit über das Dach hinausragenden Fassade wurden für viele Westernfilme nachgebaut.
Während Randsburg die Kulissenbauer inspirierte, hielten sich die Drehbuchschreiber an Bodie. Diese Geisterstadt östlich des Yosemite Nationalparks lieferte den Stoff für viele Filmstories: 1859 stieß William W. Body hier auf Gold, als er einen Hasen aus dessen Bau ausgraben wollte. Bald darauf standen in dieser unwirtlichen, mal zu heißen, mal vom Schnee abgeriegelten Gegend Dutzende von Holzhäusern.
Streitigkeiten wurden in Bodie mit Waffen entschieden. Raub und Mord waren an der Tagesordnung und wurden nie gesühnt, weil Richter und Sheriffs überleben wollten. Die Begebenheiten blieben aber nicht unerzählt: Das Magazin «Harpers Monthly» schickte 1865 den Reporter I. Ross Brown, und der schrieb zum Beispiel über die Frau, die sich beleidigt gab, weil ein Kumpel ihres Mannes nicht mit ihr tanzen wollte. Ihre «Ehre» wurde mit einigen gezielten Schüssen wieder hergestellt. Browns «Bad Man of Bodie» wurde zur Legende in den USA.
Bodie wird von California-Rangers gepflegt. Erst um 1940 gaben es seine letzten Bewohner auf. Ein Chevrolet Coupé von 1937 grüßt neben halb zerbrochenen Planwagen am Ortseingang. Das Autowrack ist echt, der alte Lastwagen an der Benzinpumpe wurde erst später hier geparkt.
Ein altes Elektrizitätswerk, die verstaubte Telefonvermittlung im Hotel, eine Schule, in der noch auf den alten Möbeln Schulbücher liegen - all das blieb in der trockenen Luft der Berge erhalten. Bodie ist einen Umweg wert und leicht zu finden. Wer die vielen anderen «Ghosts» besuchen will, muss ein paar detektivische Fähigkeiten entwickeln. Weil sie von allen guten Geistern verlassen sind, muss man lange suchen. Im Niemandsland sind die wenigen Motels aber meist deutlich billiger als in den glitzernden Großstädten.
Informationen: Gegen Zusendung von sieben Euro in bar gibt es ein Informationspaket zu Kalifornien bei: Touristik Dienst Truber, Schwarzwaldstraße 13, 63811 Stockstadt (Tel.: 06027/40 11 08).
