1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Fußball-Wettskandal: Fußball-Wettskandal: Staatsanwaltschaft beschlagnahmt 2,44 Millionen Euro

Fußball-Wettskandal Fußball-Wettskandal: Staatsanwaltschaft beschlagnahmt 2,44 Millionen Euro

Von Hans-Hermann Mädler und Hans-Rüdiger Bein 02.02.2005, 15:52
Ein Kameramann filmt am Mittwoch (02.02.2005) in Essen das Haus, in dem der DFB-Schiedsrichter Jürgen Jansen wohnt. Im Fußball-Wettskandal sind Wohnungen von Schiedsrichtern durchsucht worden. (Foto: dpa)
Ein Kameramann filmt am Mittwoch (02.02.2005) in Essen das Haus, in dem der DFB-Schiedsrichter Jürgen Jansen wohnt. Im Fußball-Wettskandal sind Wohnungen von Schiedsrichtern durchsucht worden. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Der Geschäftsführende Präsident des Deutschen Fußball-Bundes(DFB), Theo Zwanziger, erklärte vor Fernsehkameras: «Das ist keinSportfall, das ist ein Kriminalfall, ein Fall, der die gesamteGesellschaft berührt.» Er sei froh, dass die BerlinerStaatsanwaltschaft konsequent und schnell durchgegriffen habe.

Zwanziger bestätigte, dass der Verband am Mittwoch Akteneinsichterhalten hat. Die Unterlagen würden von der «Sonderkommission Wett-und Spielmanipulationen» ausgewertet und «unverzüglich» an denKontrollausschuss weitergeleitet. Der DFB kündigte fürDonnerstagmittag eine Pressekonferenz in Frankfurt/Main an. DieStaatsanwaltschaft hatte Aktenauskunft gewährt, damit «die beim DFBfür notwendig erachteten Maßnahmen zur Sicherung des Spielbetriebsergriffen werden» könnten.

Die Beschuldigten sind verdächtig, zumindest zehn Spiele der 1.,2. und 3. Liga sowie im DFB-Pokal 2004 manipuliert zu haben. UnterVerdacht stehen neben dem geständigen Berliner Schiedsrichter RobertHoyzer laut Staatsanwaltschaft die DFB-Schiedsrichter Jürgen Jansen,Felix Zwayer und Dominik Marks sowie ein Schiedsrichter-Betreuer.Außerdem beschuldigt werden 14 Spieler der Vereine LR Ahlen,Chemnitzer FC, Energie Cottbus, Dynamo Dresden, Kickers Offenbach undSC Paderborn sowie ein Spieler, der von Cottbus zu Alemannia Aachentransferiert wurde. «Die Tatvorwürfe gehen wesentlich auf geständigeAussagen und Angaben des ehemaligen DFB-Schiedsrichters Robert Hoyzerzurück», heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft.

Nach eigenen Angaben, Informationen der Vereine oderPolizeimitteilungen wurden die Wohnungen von Maik Wagefeld (1. FCNürnberg/ehemals Dresden), Tomislav Piplica (Energie Cottbus), BrunoAkrapovic (Kickers Offenbach), Laurentiu-Aurelian Reghecampf(Alemannia Aachen/ehemals Cottbus), Torsten Bittermann, IgnjacKresic, Volker Oppitz, Thomas Neubert (alle Dresden) und RanisavJovanovic (Mainz 05/ehemals Dresden) durchsucht. Vom Vereinsuspendiert ist Thijs Waterink (Paderborn). In Chemnitz haben SteffenKarl und Markus Ahlf Eidesstattliche Erklärungen abgegeben, dass sienicht verwickelt sind.

Hausdurchsuchungen hat es auch in der Essener Wohnung vonSchiedsrichter Jansen, bei Marks in Berlin sowie beim DresdnerSchiedsrichter-Betreuer Wieland Ziller gegeben. Dagegen wird gegenGeorgi Donkow und Alexander Löbe (beide Paderborn) nicht ermittelt.Dies bestätigte der Verein nach einer entsprechenden Auskunft derBerliner Staatsanwaltschaft.

Die Durchsuchungen an 32 Orten im Bundesgebiet fanden zwischen6.00 und 11.30 Uhr statt. Festnahmen erfolgten nicht. «Ob dieBeweismittel dazu führen, dass sich der Verdacht erhärtet oderverschärft, kann ich noch nicht sagen», erklärte Grunwald vor TV-Kameras. Auch wie viele Erstliga-Spiele unter Manipulations-Verdachtstehen, ließ die Staatsanwaltschaft offen.

Bisher seien in dem Fall vier Festnahmen erfolgt, informierteGrundwald. Gegen drei Brüder, die am vergangenen Freitag in einem alsTreffpunkt von Wettern bekannten Berliner Café festgenommen wordenwaren, sind später Haftbefehle erlassen worden. Wie dieStaatsanwaltschaft weiter mitteilte, sind zwischen dem 28. Januar und1. Februar bei den beschuldigten Brüdern, die offenbar bisher nochnicht ausgesagt haben, nach einem Beschluss des AmtsgerichtsTiergarten deren Konten und sonstige Vermögenswerte beschlagnahmtworden. Der Gesamtwert beträgt etwa 2,44 Millionen Euro. Damit sollenspäter Regressansprüche von Geschädigten befriedigt werden können.Nach Erkenntnis der Strafverfolgungsbehörde sind Schäden inMillionenhöhe entstanden. «Noch sind Regressansprüche nicht bekannt»,erklärte Grunwald.

«Die Ermittlungen stehen insgesamt noch am Anfang, so dass einVerfahrensabschluss weder zeitlich, dem Umfang noch dem Ergebnis nachvorausgesagt werden kann», erklärte die Staatsanwaltschaft. Sieteilte zugleich mit, dass sich Spieler von Hertha BSC Berlin nichtunter den Beschuldigten befinden.

Die Profis Josip Simunic, Nando Rafael und Alexander Madlung habennach Angaben ihres Berliner Vereins beim Landgericht Hamburg eineEinstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenmagazin «Focus» erwirkt.Demnach sei es dem Magazin unter Androhung eines Ordnungsgeldes undeiner Ordnungshaft untersagt, die drei Spieler erneut in Verbindungmit den Wett- und Schiedsrichterskandal zu bringen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird die im Manipulationsskandalunter Verdacht geratenen Unparteiischen vorerst nicht einsetzen.«Alle, deren Namen jetzt fallen, werden nicht mehr am Spielbetriebteilnehmen. Und da ist es wurscht, wie lange es dauert, bis die Sachegeklärt ist», sagte DFB-Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell ineinem Interview mit dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Mittwoch-Ausgabe).«So lange jemand unter Verdacht steht, pfeift er keine Spiele mehr.»