Florian Eichner Florian Eichner: Ein fast übersehenes Ruder-Juwel
Halle/MZ. - Abgesehen davon, dass er im zweiten Jahr im Achter, dem deutschen Paradeboot sitzt, hat er es mit seiner Olympia-Nominierung weiter gebracht als alle zuvor.
Wer in Florian Eichners Familiengeschichte blickt, findet unweigerlich Ruderer. Vater Thomas kann als ständiger Berichterstatter in der Vereins-Zeitschrift "Böllberger Flüstertüte" manche Geschichte aus erster Hand wiedergeben. Und da wäre noch Opa Günter Eichner. Der sitzt zwar nicht mehr so oft im Boot, dafür begibt er sich aber umso häufiger für seinen Enkel Florian auf Sponsorensuche. Denn keiner sollte glauben, dass für den Olympia-Ruderer die Prämienquellen sprudeln, nur weil er zum Deutschland-Achter gehört.
Florian Eichners Weg in die deutsche Ruder-Elite war indes nicht gerade vorgezeichnet. Seine ersten Versuche als 15-Jähriger in einem Skull-Boot liefen bescheiden. "Ich war öfter hintendran als ich es ertragen konnte", erzählt er rückblickend. Nur dank Klaus Ritter, der bis heute sein Trainer in Halle ist, machte Eichner seinen Weg. Mit seinem untrüglichen Blick für Talente legte Ritter dem Teenager einen Wechsel zum Riemenrudern nahe, bei dem beidhändig auf einer Seite des Bootes das Blatt geführt wird. Es war der alles entscheidende Rat. Auch Eichner gibt ehrlich zu: "Mit einem anderen Trainer wäre ich nicht so weit gekommen."
Nun macht er der Eichner-Tradition bei Olympia in Peking größtmögliche Ehre. Der Kontakt zu seiner Familie ist innig, auch wenn er in diesem Jahr aus dem elterlichen Haus in Hohenweiden nahe von Halle weg zog. Er wohnt nun mit seiner Freundin Adina Rocher im Zentrum der Saalestadt. Das verkürzt auch die Wege zur Uni. Neben dem Rudern studiert Eichner Jura. Adina, erzählt er, macht ihm manches Mal Druck, weil er Dinge schleifen lässt. Angesichts der Familiengeschichte überrascht es nicht, dass die attraktive 20-Jährigen ebenfalls eine begabte Ruderin war. Sie hat sich inzwischen vom Leistungssport verabschiedet. Aber es passt ins Bild, dass ihr Bruder Matthias Rocher, der beim SC Magdeburg rudert, in diesem Jahr im Doppelvierer den Weltmeistertitel bei den Unter-23-Jährigen errang.
Florian Eichner ist kein Typ, der Dinge an die große Glocke hängt. Über sich selbst erzählt er nur wenig. "Er weiß viel mehr, als er von sich gibt, ist wohltuend bescheiden", meint Hans-Herwig Ritter, der Koordinator am Olympiastützpunkt Magdeburg-Halle und Präsident des Ruder-Landesverbandes von Sachsen-Anhalt. "Er kann sich vor allem auch in komplizierten Situationen sehr gut behaupten."
Diese Fähigkeit war schon mehrfach in der Karriere von Florian Eichner gefragt. Auch in der olympischen Saison. Der mit so viel Vorschusslorbeer bedachte Deutschland-Achter kam im Frühjahr sichtlich vom Kurs ab. "Da hieß es öfter, Nerven zu bewahren", sagt Florian Eichner. Im Rahmen hektischer Umbesetzungen büßte auch er zwischenzeitlich seinen Platz im Boot ein. Dann musste der langjährige Trainer Dieter Grahn, selbst zweifacher Ruder-Olympiasieger 1968 und 1972, wegen der Misserfolge und der Unruhe um das Paradeboot seinen Hut nehmen und wurde durch Christian Viedt ersetzt.
Nun läuft der Kahn, in dem mit Eichner und Philipp Naruhn gleich zwei Hallenser sitzen, wieder besser. "Für die Olympischen Spiele können wir optimistisch sein", sagt der 22-Jährige. "Wir wollen uns mit Weltmeister Kanada, den USA, Großbritannien, Australien und Polen einen harten Kampf um die Medaillen liefern."
Sein Durchsetzungsvermögen offenbarte der 1,90 Meter große und 87 Kilogramm schwere Ruderer schon im Vorjahr, als er in den Achter drängte, der bei der Weltmeisterschaft die Silbermedaille gewann. Außer ihm waren nur Athleten aus dem Leistungszentrum in Dortmund im Boot. "Es zeugt von der Stärke Florians, dass er dies geschafft hat", sagt Eichners Heimtrainer Klaus Ritter. Erstmals seit vielen Jahren schaffte es ein nicht in Dortmund trainierender Ruderer, in den Achter zu gelangen.
Jetzt ist Florian Eichner nicht mehr aus dem Paradeboot wegzudenken. Und eines hat er nicht vergessen: Dass der Weg dorthin durchaus holprig war.