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Finnland Finnland: Luftgitarren und Teerlikör

Von MARLENE KÖHLER 18.09.2008, 20:06

Halle/MZ. - Im Sommer sind die wild gestikulierenden Herren ohne Instrumente dran. Ebenso zieht es schreiende Männerchöre nach Oulu, Jazzer, Rocker, Fans des Heavy Metal oder Menschen, die den Titel "Schärfste(r) Mann / Frau der Welt" erringen möchten. Das geht bei der Chili-WM im August, während schon ein paar Wochen zuvor eine Knoblauchnacht die nördlichste Großstadt Westeuropas mit ihrem ganz besonderen Duft erfüllt.

Am Morgen nach den Luftgitarristen waren alle Spuren beseitigt: Marktstände mit riesigen Pilzen und Moltebeeren, die wie gelbe Himbeeren aussehen und die es nur in Lappland gibt, lockten die Besucher.

Vor den hölzernen Caféhäusern ließ man es sich in der Sonne gut gehen, auch die Eisverkäufer waren zufrieden. Doch so viele Touristen sich auch scharten um das Wahrzeichen Oulus, den knuffigen bronzenen Marktpolizisten, er blickte unbewegt geradeaus. Tat so, als müsste er wirklich die backsteinerne Markthalle zu seiner Linken überwachen, in die durch das hohe Glasdach viel Licht fällt. Entspannt bummeln lässt es sich entlang der blitzsauberen Stände, hier vom Rentierschinken kosten, dort die wagenradgroßen Brote bewundern. 1605 wurde Oulu gegründet, die Ausfuhr von Teer, Lachs und Holz ließ die Stadt wachsen. Nach der Zerstörung bei einem Großbrand 1822 entwarf der deutsche Architekt Carl Ludwig Engel das Zentrum neu und erfand das rechtwinklige Straßennetz. Heute sind hier Firmen der Informations- und Nanotechnologie zu Hause. Lachs und Holz gibt es immer

noch reichlich, und viele Veranstaltungen sind mit dem Namen Teer (terva) verbunden. Die Stimmung ist heiter in der Stadt am Bottnischen Meerbusen, die einen kleinen Yachthafen hat, ein stattliches Rathaus und nicht weit vom Dom einen weitläufigen Stadtpark. Schilder zeigen die Entfernungen zu den Partnerstädten an, nach Halle sind es 1 695 Kilometer, nach Leverkusen 1 885. Die Städtepartnerschaft mit Halle wird seit nunmehr 40 Jahren gepflegt, jetzt will man noch mehr Touristen aus Sachsen-Anhalt nach Oulu locken und umgekehrt.

Als ersten Schritt schnüren hallesche Reiseveranstalter spezielle Pakete für Bus- und Flugreisen im kommenden Jahr. Oulus Tourismus-Direktor Matti Bäckström unterstützt das Projekt. Deutsche gehören neben Norwegern und Schweden schon jetzt zu den Spitzenreitern unter den Besuchern. Um 100 000 hat sich die Zahl der touristischen Übernachtungen seit 2002 erhöht, freut sich Bäckström. Vielleicht, mutmaßt er, weil sich an der "Riviera des Nordens" das Erleben von Stadt, Kultur und Natur einzigartig verbinden lässt.

Nur vier Kilometer vom Zentrum wartet Eden, das Holiday Club Hotel direkt am Strand. Die gelbe Bimmelbahn Potnapekka fährt über zwei Brücken bis vor die Haustür. Draußen das Meer, drinnen ein Erlebnisbad, ringsum Wald. In der Nachbarschaft Finnlands beliebtester Campingplatz Nallikari, der auch Bungalows in unterschiedlicher Ausstattung bietet. Und natürlich Saunen, für Frauen und Männer getrennt - ohne Sauna geht nichts im Land der Finnen. Eine Attraktion der besonderen Art ist das Wissenschaftszentrum Tietomaa. Besucher jeden Alters sind hier eingeladen spielend zu lernen.

Eine halbe Busstunde von Oulu entfernt kann man im Freilichtmuseum Turkansaari erkunden, wie die Fischer im 16. und 17. Jahrhundert gelebt haben. Viele Informationen gibt es auf Deutsch. Auch die Teerherstellung wird hier nachvollziehbar. Und so ist es logisch, dass am Ausgang ein Teerboot-Anbieter zur "Safari auf dem Oulu-Fluss" einlädt. Sieben Kilometer Ruderspaß in einem 14-Sitzer mit Steuermann, am Ende wartet der Maikkola-Hof, ein Ort für Events mit Restaurants, Saunen und Platz für 1 000 Menschen.

Oulu zu besuchen lohnt sich auch im Winter. Von November bis April liegt hier jede Menge Schnee, 70 Kilometer beleuchtete Loipen laden zum Langlauf ein. Bis minus 30 Grad kann es kalt werden, nach Eislochschwimmen und Eisangeln schmeckt der Teerlikör besonders gut.

Innerhalb von drei Stunden ist man beim Weihnachtsmann, er wohnt 200 Kilometer nordöstlich von Oulu. In der Nähe von Rovaniemi, Hauptstadt der Provinz Lappland am Polarkreis, empfängt der bärtige Rote in seinem Werkstattdorf Besucher.