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Feriendomizil Feriendomizil: Sparen auf fremden Sofas

Von MEIKE DANNENEBERG 26.07.2010, 21:49

HALLE/MZ. - Der Hausherr ist im Strandurlaub, ein anderer schläft derweil in seinem Bett. Er freut sich über die heimelige Atmosphäre, schmökert in den Büchern des Vermieters und kocht in seiner Küche. Viel Geld gegenüber einem Hotel spart er auch noch. Doch auch der Wohnungsbesitzer macht einen guten Schnitt. Kein Wunder, dass die "Zwischenmiete" boomt. Die Angebote reichen vom winzigen Appartement bis zur schicken Altbauwohnung oder Designerloft.

Neue Handtücher für den Gast

Bevor Theresa Pibilski ihre Wohnung verlässt, zählt sie ihr Besteck. Sie tauscht im Bad ihre Handtücher gegen neue aus und klebt einen Streifen Tesafilm über die Anrichte mit den teuren Weingläsern und Spirituosen. Eine symbolische Sperre. Die Vermietung der eigenen vier Wände beruht auf Vertrauen. "Bisher habe ich fast nur gute Erfahrungen gemacht", sagt Theresa. 130 Euro pro Nacht zuzüglich einer Endreinigung für 30 Euro zahlen ihre Gäste für die großzügige Dachgeschosswohnung mit vier Zimmern in einem Altbau im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Auf der Dachterrasse kann man grillen und sonnenbaden. Neben dem Ledersofa steht eine Bibliothek an Urlaubsschmökern und Pferdebüchern bereit - denn die Vermieterin, Marktleiterin im Großhandel, finanziert sich mit der Untervermietung die Ausbildung zur Pferdewirtin. Dadurch ist sie oft nicht da und ein Freund organisiert die Vermietung ihrer Wohnung in der Zwischenzeit.

Die Idee der vorübergehenden Vermietung von privaten Wohnungen, organisiert über das Internet und über Agenturen, stammt aus New York, wo Wohnraum und Hotels gleichermaßen teuer sind. Das größte Internetportal für möblierten Wohnraum auf Zeit, www.nyhabitat.com, vermittelt bereits seit 1989 privates Wohnen im Big Apple und inzwischen auch in Paris, London und Südfrankreich - aber noch nie war die Nachfrage so groß wie in den letzten Jahren.

Die Preise sinken bei steigender Nachfrage und die Mietdauer reduziert sich, schreibt NY-Habitat in seiner jüngsten Marktanalyse. Außerdem bekomme man jetzt noch mehr für sein Geld. War bisher der Markt fürs "Zwischenmieten" eher von beruflichem Städte-Hopping mit längerfristigem Wohnungsbedarf belebt, kann es sich bei der wirtschaftlichen Lage heute anscheinend schon lohnen, nur für einige Tage zu vermieten oder zu mieten.

Bleibe mit besonderem Flair

Um das Heim gästefein zu machen, bedarf es eventuell einigen Aufwands. Aber wenn eine längere Vermietung nicht möglich ist, ist eine Woche bei den Mietpreisen heute besser als nichts. Und im Angebot von NY Habitat finden sich auch Appartements, die das Flair der Stadt ganz anders vermitteln als eine Ferienwohnung oder ein Hotelzimmer es je könnten. Bei gemusterten Bettüberwürfen vor einer elegant in den Wohnbereich integrierten Klinkerwand, Plexiglasstühlen und einer Gitarre neben dem Designersofa, wie in einem Dreizimmer-Penthouse in Uptown Harlem, macht man nicht nur Urlaub: Hier leiht man sich eine Existenz, von der man eventuell schon immer geträumt hat.

In Deutschland gibt es zwar Online-Portale für Ferienwohnungen, die sich auch immer mehr private Kurzzeit-Vermieter zu nutze machen. Eine Wohnraumbörse für sonst selbst genutzte Wohnungen gibt es noch nicht. Der Bedarf aber scheint vorhanden, auch auf Ebay-Kleinanzeigen und bei Immobilienscout24 in der Rubrik "Wohnen auf Zeit" werden Wohnungen angeboten, die für den Zeitraum von einer Woche bis zu mehreren Monaten angemietet werden können.

Teilweise gibt es kaum einen Hinweis darauf, dass der Vermieter dort üblicherweise wohnt: Sie sind zwar geschmackvoller eingerichtet als die durchschnittliche Ferienwohnung, aber intim wirkt nur das einsame Quietsche-Entchen auf dem Badewannenrand. Wer die Anmietung einer solchen Wohnung wie die Einladung in die Privatsphäre eines Fremden genießt und respektiert, der hat hier eine wunderbare Alternative zur wenig heimeligen Ferienwohnung.