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Europameisterschaft Europameisterschaft: Griechischer Fußball-Traum: Titel für die Ewigkeit

Von Reinhard Schwarz 05.07.2004, 14:48
Die griechischen Spieler um Mannschaftskapitän Theodoros Zagorakis (M) jubeln mit der EM-Trophäe über ihren Sieg im EM-Fianle. Griechenland gewinnt mit 1:0 und wird erstmals Europameister. (Foto: dpa)
Die griechischen Spieler um Mannschaftskapitän Theodoros Zagorakis (M) jubeln mit der EM-Trophäe über ihren Sieg im EM-Fianle. Griechenland gewinnt mit 1:0 und wird erstmals Europameister. (Foto: dpa) dpa

Lissabon/dpa. - Hysterisch, historisch, Rehhagel. Durch denerstmaligen Gewinn der Fußball-Europameisterschaft mit dem krassenAußenseiter Griechenland hat dessen deutscher Trainer Otto Rehhagelfür eine der größten Sensationen der Sportgeschichte gesorgt und sichals «hellenischer Fußball-Gott» nahezu unsterblich gemacht. EineWelle von Millionen glückseliger Griechen ergoss sich über den ganzenGlobus von den Metropolen Berlin, New York oder London bis zu denUrlaubsorten in der Ägäis. «Dieser Sommer mit den Olympischen Spielenund diesem EM-Erfolg ist ein griechischer Sommer», sagte alsAugenzeuge des Finales Ministerpräsident Kostas Karamanlis.Griechenlands kickende Fußball-«Götter» haben die Vorfreude auf dasolympische Spektakel in gut fünf Wochen geweckt.

Der Titel für die Ewigkeit, der Triumph für die Geschichtsbücherlösten Eruptionen an Emotionen aus. Die am Montag in denNationalfarben blau und weiß erschienenen griechischen Zeitungenüberschlugen sich geradezu in hysterischen Schlagzeilen wie «wenn esein Traum ist, lasst uns weiter schlafen» («Adesmeftos») oder «Gott,gib mir mehr Tränen, damit ich vor Freude weiter weinen kann.» DerAuslöser der euphorischen Ausbrüche konnte darüber nur schmunzeln.«So sind die Leute in Griechenland eben. In Freude und Trauerübertreiben sie immer ein bisschen. Aber sie werden sich auch wiederberuhigen», meinte Rehhagel.

Aber auch der Initiator des weltweiten Freudentaumels und Vaterdes griechischen Fußball-Wunders hob nach dem Schlusspfiff desdeutschen Final-Schiedsrichters Markus Merk ab. Wie ein junges Füllentanzte der 65-jährige Otto Rehhagel in wilden «Bocksprüngen» auf demRasen des Lissaboner «Stadions des Lichts» herum, küsste jeden ab,der ihm über den Weg lief, und konnte sein Glück kaum fassen.

Als erstem fiel er dem wichtigsten Spieler seines ganz aufDefensive getrimmten Teams, Abwehrchef Traianos Dellas, um den Hals,ehe er sich zunächst allein von den rund 15 000 begeistertengriechischen Fans feiern ließ. Dann ließ er sich auf dem Siegespodestmit seinen Spielern voller Stolz die Goldmedaille vom Präsidenten derEuropäischen Fußball-Union (UEFA), Lennart Johansson, umhängen. Derehemalige Meistertrainer des SV Werder Bremen und 1. FCKaiserslautern war endgültig auf dem Gipfel des Olymp angekommen.

«Dem Trainer gebührt der größte Anteil an diesem historischenSieg. Er hat uns immer stark geredet und an unsere Fähigkeitengeglaubt», sagte Matchwinner Angelos Charisteas, der mit seinementscheidenden Treffer zum 1:0 über Frankreich schon denTitelverteidiger im Viertelfinale entthront hatte. Der 24-jährigeStürmer vom deutschen Meister und Pokalsieger Werder Bremen stelltein seiner grenzenlosen Euphorie fest: «Wer Portugal zwei Malgeschlagen hat und auch Spanien, Frankreich und Tschechien aus demWettbewerb geworfen hat, muss die beste Mannschaft Europas sein.»

Der Architekt des griechischen Märchens machte dagegen inBescheidenheit, was bei seiner gelegentlich an den Tag gelegtenSelbstherrlichkeit nicht selbstverständlich ist. «Ich habe keine Toregeschossen, das haben meine Spieler gemacht. Ich habe ihnen nurRatschläge gegeben, die sie mit toller Einsatzbereitschaft,Kampfkraft, Spielfreude und vor allem Disziplin vorbildlich in dieTat umgesetzt haben», sagte Rehhagel. Nicht nur Charisteas «hofft,dass er unser Trainer bleibt».

Insistierenden Fragen nach seiner nahen Zukunft blieb der alsNachfolger des zurückgetretenen DFB-Teamchefs Rudi Völler insGespräch gebrachte Rehhagel in der Stunde des Triumphs mehrfachjegliche Antwort schuldig. «Es wäre fatal, jetzt über andere Dingeals über mein Jungs zu reden. Sie haben das Recht, dass man sichjetzt nur um sie kümmert», meinte Rehhagel ausweichend.

Eine Verpflichtung des offensichtlich aussichtsreichstenKandidaten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für die Vorbereitungauf die WM 2006 in Deutschland könnte indessen schon am Veto desgriechischen Fußball-Verbandes scheitern. Dessen Präsident VasiliosGagatsis sagte der «Bild»-Zeitung (Montag-Ausgabe): «Wir haben erstkürzlich seinen Vertrag bis 2006 verlängert. Er bleibt bis 2006griechischer Nationaltrainer. Ende der Diskussion.»

Der Grieche Angelos Charisteas (9) erzielt den Führungstreffer zum 1:0. (Foto: dpa)
Der Grieche Angelos Charisteas (9) erzielt den Führungstreffer zum 1:0. (Foto: dpa)
dpa