Erste Notierung Erste Notierung: Deutsche Börse mit praller Kasse auf Expansions-Kurs
Frankfurt/Main/dpa. - Die Aktie der Deutsche Börse AG ist am Montag mit einem Kurssprung gestartet. Die erste Notierung an der Frankfurter Wertpapierbörse von 362 Euro übertraf deutlich den Verkaufspreis von 335 Euro. Die erste Großemission in diesem Jahr setzte damit ein wichtiges Zeichen zum allgemein verhaltenen Börsenklima. Auch konnte eine psychologisch wichtiger Kontrapunkt zu vielen gefloppten Neuemissionen gesetzt werden.
Der gute Einstand zum Wochenbeginn konnte - gegen den leicht nachgebenden Gesamttrend - im weiteren Handel sogar bis auf 369 Euro ausgebaut werden. Mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 3,5 Milliarden Euro hat die Deutsche Börse AG auf Anhieb den Sprung auf Platz 40 der wichtigsten deutschen Aktien geschafft. Im Juni dürfte deshalb das Papier in den MDAX aufgenommen werden. Darin sind die 70 gewichtigsten Titel hinter den 30 Standardwerten des DAX gebündelt.
Die europäischen Konkurrenten werden allerdings mit beträchtlicher Gegenwehr auf die Ambitionen der Frankfurter reagieren. Im Mai wird der große Wettbewerber Euronext - die Allianz der Handelsplätze Paris, Amsterdam und Brüssel - ebenfalls seine Aktien platzieren. Im Gerangel um die Zukunft der Finanzplätze geht es in erster Linie um die Ausweitung der Marktanteile im globalen Wertpapierhandel. Nur wer die meisten Geschäfte über die eigenen Computer abwickelt, kann die Preise für die einzelnen Transaktionen senken. Attraktivere Kosten ziehen wiederum zusätzlich Marktteilnehmer an und erhöhen gleichzeitig die Liquidität.
Die Deutsche Börse AG hat mit den elektronischen Systemen Xetra für Aktien und Eurex für den Terminhandel bereits zwei starke Trümpfe in der Hand. Nach Darstellung von Seifert sind daran schon 670 Teilnehmer in 18 Ländern angeschlossen. Auch die Plätze Chicago, Dublin, Wien und Helsinki nutzen bereits die Plattformen der Börse AG. Schließlich verfügt die Deutsche Börse AG mit dem Neuen Markt über Europas größten Markt für junge Technologiewerte.
All diese Systeme und Marktplätze sollen mit dem Geld aus der Aktienemission ausgebaut werden. So soll Eurex als größte Derivatenbörse der Welt mit neuen Produkten und verbesserter elektronischer Infrastruktur in den USA und Asien ausgebaut werden. Auch kleinere Übernahmen zur Vermarktung der ohnehin vorhandenen Datenströme stehen auf dem Programm, beispielsweise für die Verbreitung einschlägiger Unternehmensanalysen oder Kursdaten.
Zu Großfusionen mit London, dem schwedischen Börsenbetreiber OM oder der amerikanischen NASDAQ will sich Seifert nach der Blamage mit der LSE nicht äußern. «Wir sind wohl präpariert, künftig auch alleine zu gehen», lautet die etwas leisere Tonart. Mit dem Börsengang verfüge man aber über eine wichtige Akqisitions-Währung sowie eine prall gefüllte Kasse, «um bei der europäischen Börsen- und Abwicklungslandschaft eine wichtige Rolle zu spielen».
Doch nicht nur die traditionellen Börsenplätze müssen als ernst zu nehmende Konkurrenten gesehen werden. Vor allem Großbanken basteln an eigenen Plattformen. Besonders aufhorchen ließ in diesem Zusammenhang die Deutsche Bank, die als größter Einzelaktionär der Börse AG ebenfalls ins Rennen geht. Auch andere elektronische Handelssysteme mit spezieller Ausrichtung auf bislang eher vernachlässigte Kleinaktionäre könnten sich zu ernsthaften Rivalen entwicklen. Die europäische Wertpapierlandschaft mit dem zusätzlichen Treibmittel der gemeinsamen Währung Euro wird deshalb in den nächsten Monaten und Jahren noch für einige Überraschungen sorgen.