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Eisschnelllauf Eisschnelllauf: Tonat bekennt sich zum Doping in der DDR

Von Egon Boesten 11.12.2001, 16:30

Amsterdam/dpa. - Er erinnere sich an eine Schwimmerin, die ein behindertes Kindbekam - das habe ihn nachdenklich gestimmt, sagte Tonat. «Was unsauch misstrauisch machte, war, dass sie uns aufforderten: «Sagtnichts euren Eltern». Aber ich hatte ein offenes Verhältnis zu Hause.Als meine Mutter sah, was ich einzunehmen hatte, erkannte sie es undsagte, das dies keine Vitamine seien, sondern irgendwas, was manalten Leuten in Krankenhäusern gebe», erklärte der 32-Jährige, dermit Platz 8 bei den Europameisterschaften 1995 seine bislang besteinternationale Platzierung erkämpfte.

Tonat, der schon wenige Jahre nach der Wende aus Berlin zum DECFrillensee Inzell wechselte, nimmt auch kein Blatt vor den Mund, wennes um die Trainingsmethoden von Markus Eicher geht. Das ist jenerTrainer, der auch Anni Friesinger in die Weltspitze führte. «DasProblem in Inzell ist, dass der Trainer mich nicht als Menschrespektiert. Dass ich daher meinen neuen Weg in Kanada suchte, wurdeirgendwie als persönlicher Angriff gesehen. Man sah mich alsschlechten Athleten. Lügen wurden erzählt, und ich hatte mich zuverteidigen. Das war aber nicht schwer, weil ich beweisen konnte,dass es Unwahrheiten waren. Aber es verletzte mich und schmerzte»,kritisierte er Eicher.

Wäre nicht Cheftrainer Helmut Kraus gewesen, das vielversprechende Talent hätte längst seine Schlittschuhe an den Nagelgehängt. «Ich wollte im letzten Frühjahr aufhören, doch Kraus sagte,er glaube an mich. Man braucht so jemanden, der sagt: «Was kann ichfür dich tun?» Und Tonat fügt hinzu: «Einige Leute im Verband habenvergessen, dass die Läufer die Basis sind. Wenn wir laufen, bringenwir Sponsorengeld.»

Tonat bedauert zudem, dass die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) zu wenig für die berufliche Ausbildung derSportler tut. Auch an der Übernahme der DDR-Trainingsmethodenzweifelt der Mittel- und Langstreckler. «Der Verband übernahm dasostdeutsche Trainingssystem, wonach die besten Läufer nicht gemeinsamin einem Nationalteam betreut werden. Ich hatte so niemals dieGelegenheit, zusammen mit Spitzenleuten wie Alexander Baumgärtel oderFrank Dittrich zu trainieren.»

Inzwischen fühlt sich Tonat mehr als Kanadier denn als Deutscher.«In Kanada haben die Menschen eine viel offenere Sicht der Dinge, manwird dort als Partner behandelt. Ich mag tatsächlich die deutscheMentalität nicht. Man glaubt, man sei besser.» Und: «Das größteKompliment, was mir in Kanada gemacht wurde, war, als man sagte: «Oh,du bist Deutscher? Du kommst mir allerdings nicht vor wie einDeutscher», sagte Tonat, der jetzt nach der Trennung von der früherenEisschnellläuferin Anja Mischke mit seiner kanadischen FreundinIsabelle Doucet in Quebec lebt und hier eine Ausbildung anstrebt.