Eisschnelllauf Eisschnelllauf: Deutschlands scheuer neuer Star
BERLIN/MZ. - Sie hat sich gute Gesellschaft ausgesucht. Den Turner Fabian Hambüchen zum Beispiel. Oder Carolin Nytra, die Leichtathletin. Und Anni Friesinger, die war bis vor kurzem auch Eisschnellläuferin. Stephanie Beckert ist jetzt so etwas wie ihre Nachfolgerin. Es passt also gut, dass sie bei derselben Agentur unter Vertrag stehen, Vitesse mit Namen, auf Deutsch: Geschwindigkeit.
Tatsächlich sind die Leute von der Agentur sehr rührig, wenn es darum geht, einen Kontakt herzustellen. Bei Stephanie Beckert ist das in den vergangenen Tagen trotzdem unmöglich gewesen. Sie sei den ganzen Tag über eingespannt, ließ sie ausrichten. Die Rennen zum Saisonauftakt beginnen am Freitag. Doch ohnehin scheut sie Interviews. Ein allzu öffentliches Leben ist ihre Sache nicht.
An der 22 Jahre alten Erfurterin Stephanie Beckert zeigt sich, in welcher Situation sich die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) befindet. Der Verband muss in seiner erfolgreichsten Sparte einen Umbruch bewältigen. Bei den Frauen steht ein Generationswechsel bevor. Anni Friesinger-Postma und Daniela Anschütz-Thoms sind zurückgetreten. Stephanie Beckert soll ihnen nachfolgen. Bei den Olympischen Spielen im Februar in Vancouver hat sie bewiesen, dass sie das kann. Sie gewann an der Seite von Anni Friesinger, Daniela Anschütz und Katrin Mattscherodt Gold in der Verfolgung. Zuvor hatte sie über 3 000 und 5 000 Meter Silber errungen. "Sie ist mit ihren jungen Jahren sehr schnell an die Weltspitze gekommen", sagt Helge Jasch, Teamchef der DESG. Beckerts Stärke sei, "dass sie ziemlich konstant läuft und am Ende noch einen kräftigen Endspurt hinlegen kann".
In anderer Hinsicht dürfte es Beckert allerdings schwerer haben, an Friesinger heranzureichen. Die Athletin aus Inzell war geübt im Spiel mit der Öffentlichkeit. Der sogenannte Zickenkrieg zum Beispiel, den sie sich mit der Berlinerin Claudia Pechstein lieferte, mochte zwar manchen ermüden, sorgte aber zuverlässig für Publicity. Jasch spricht vom "Boris-Becker-Steffi-Graf-Effekt". Die nachfolgenden Generationen im Profitennis hätten ebenfalls nicht die Strahlkraft der beiden Vorzeigespieler entwickeln können.
In Sachen Selbstdarstellung, meint er, "hat zwar jeder sein Naturell, aber Stephanie Beckert kann mit ihrer Rolle in der Öffentlichkeit wachsen". Am Mittwoch wurde sie zur Eisschnellläuferin des Jahres gewählt. In einer Sportart, die über Monate vom Dopingfall Claudia Pechstein in Atem gehalten worden ist, entwickelt sich Beckerts Karriere rasant. Nur: Die Geschwindigkeit bestimmt nicht mehr sie allein.