Dimitrenko: Sanftmütiger Hüne auf Klitschko-Jagd
Hamburg/dpa. - Auch beim zweiten Hinsehen will er zum Bösewicht oder furchterregenden Haudrauf nicht taugen. Doch Alexander Dimitrenko hat Unglaubliches vor: Der Hüne mit dem sanftmütigen Antlitz will Wladimir Klitschko als Box-Weltmeister der World Boxing Organization (WBO) entthronen.
Nicht sofort, aber spätestens im nächsten Jahr. Auf dem Weg dahin muss der Ukrainer aus dem Hamburger Universum-Stall zunächst den Amerikaner Eddie Chambers aus dem Weg räumen. Gewinnt er das Duell gegen den 27- Jährigen, den sie in Übersee «The Fast», den Schnellen, nennen, steht Dimitrenko vor der größten Herausforderung schlechthin: einem Kampf gegen seinen übermächtig scheinenden Landsmann Wladimir Klitschko.
«Der wird noch besser als die Klitschkos», hatte Promoter Klaus-Peter Kohl einst gedroht, als er Dimitrenko für seinen Universum-Stall verpflichtete. Seither sind acht Jahre vergangen. Nahezu unbemerkt drängte sich der 2,01 Meter große Riese in der Weltrangliste nach vorn. Dimitrenko litt aber zugleich unter einem in der schlagenden Szene kontraproduktiven Ruf. «Der ist aber süß», kreischten weibliche Zuschauer, wenn der Mann mit den kindlichen Gesichtszügen in den Ring kletterte. Andere haben martialische und furchteinflößende Kampfnamen wie «Tanzender Zerstörer», «Dr. Stahlhammer» oder «Eisenfaust» - Dimitrenko lässt sich schlicht Sascha rufen, was die Koseform von Alexander ist.
Kohl und Trainer Fritz Sdunek hatten den als Babyface titulierten Schwergewichtler lange Zeit unter Artenschutz gestellt. Die härtesten Gegner, die größten Herausforderungen, die schnellsten Titelchancen wurden ihm erspart. Erst sollte er den sogenannten Killerinstinkt erlernen. Die Reifezeit zum harten Kerl ist laut Universum abgeschlossen. «Er hat das Babyface abgelegt», sagt Trainer Sdunek. In seinem letzten Gefecht ließ Dimitrenko das den einstigen Europameister und WM-Aspiranten Luan Krasniqi schmerzhaft spüren: K.o.-Sieg in der dritten Runde durch Leberhaken.
Für Sdunek steht fest: «Sascha hat das Zeug zum Weltmeister.» Sein Schützling sieht das nicht anders. «Es ist mein Traum, um die Weltmeisterschaft zu boxen und Weltmeister zu werden», gesteht der in 29 Profi-Kämpfen unbesiegte Dimitrenko und schwört: «Meine beste Zeit fängst jetzt erst an.» Über das mögliche Duell mit Klitschko will der 115-Kilo-Recke noch nicht nachdenken. «Ich muss mich auf meine nächste Aufgabe konzentrieren. Alles andere kommt später.» Zunächst wartet Chambers. «Der ist schnell, aber ich bin nicht langsam», meint der Jura-Student. «Ich bin fit. Es kann nichts schiefgehen.» Sein 16 Zentimeter kleinerer Rivale aus den USA hat erst einen seiner 35 Profi-Kämpfe verloren, und zwar gegen den Russen Alexander Powetkin, der Klitschko im Herbst im Kampf um den IBF-Gürtel herausfordern will.
Garniert wird der WM-Ausscheid von zwei Weltmeisterschaften der Frauen. Fliegengewichts-Doppelweltmeisterin Susi Kentikian aus Hamburg muss sich mit Carolina Gutierrez auseinandersetzen. Die Argentinierin ist WBA-Weltmeisterin im nächsthöheren Superfliegengewicht. In einem weiteren WM-Duell stehen sich im Superfliegengewicht Titelverteidigerin Alesia Graf aus Stuttgart und die Amerikanerin Terri Lynn Cruz gegenüber.