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Die «teuerste Anlage der Welt»: Hi-Fi für «Freaks»

Von Florian Oertel 29.08.2008, 12:55

Berlin/dpa. - Hi-Fi muss kein Luxus sein: Wer sich im Jahr 2007 Boxen gekauft hat, gab dafür im Schnitt nur 236 Euro aus. Bei den nach wie vor gefragten Plattenspielern betrug der Wert gut 100 Euro.

Die Zahlen kommen von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu), dem Mitveranstalter der IFA. Auf der Funkausstellung (29. August bis 3. September) in Berlin wurde allerdings deutlich: Es geht auch anders. Wer will, kann sich Hi-Fi-Geräte so viel kosten lassen wie ein Luxusauto - oder so viel wie mehrere.

Mit druckvollem Bass und glasklaren Höhen füllte «Start The Funk» von Ben Harper am Freitag den abgedichteten Raum in IFA-Halle 1.2a aus. Alles andere wäre auch enttäuschend gewesen, denn der Song kommt aus der «teuersten Anlage der Welt» - wie in den Vorjahren aufgebaut von der Zeitschrift «Audio».

«Seit einigen Jahren wird die 'teuerste Anlage' immer billiger, warum auch immer», sagt Chefredakteur Lothar Brandt. Die Vokabel «billig» passt trotzdem nicht: Die Anlage kostet stolze 780 000 Euro. Und sie ist selbst dann noch horrend teuer, wenn die Videokomponenten herausgerechnet werden - die komplette «teuerste Anlage» ist ein kombiniertes Audio- und Heimkinosystem.

Allein die Lautsprecher schlagen mit insgesamt 130 000 Euro zu Buche. Die sechs Endstufen kosten 110 000, der Plattenspieler knapp 100 000 Euro. Weitere Audiokomponenten sind ein SACD-Spieler für 24 000 und ein Netzwerkplayer für 16 000 Euro. Da klingen die 4000 Euro für einen Subwoofer fast wie die vielbeschworenen Peanuts - die Experten haben allerdings vier davon im Raum verteilt.

Wie kommen derart abstruse Preise zustande? Stichwort «Muon», die zwei Meter hohen und je 115 Kilo schweren Lautsprecher. Hier liegt es nicht zuletzt an der Hülle aus glänzendem, geschwungenem Aluminium. «Das Verfahren dahinter wird normalerweise im Highend-Automobilbau verwendet», sagt Johan Coorg vom Vertrieb des britischen Herstellers KEF. Die Tatsache, dass das Entwickeln der Boxen mehrere Jahre gedauert hat, dürfte ihr Übriges zum Verkaufspreis beigetragen haben.

Stichwort «Statement» - der Plattenspieler der Anlage: «Der hat einen optischen Sensor, der für absolute Laufruhe sorgen soll», so Peter Suchy, Geschäftsführer des Herstellers Clearaudio. Der massive Plattenteller aus Acryl «schwebt» auf einem patentierten Magnetfeld. Er hat also keine mechanische Verbindung zum Motor, einem automatisch geregelten Gleichstrom-Aggregat. Und das sind nur einige Finessen des mehr als einen Meter hohen Monstrums.

Nicht bei der «teuersten Anlage» vertreten sind die Lautsprecher des Berliner Unternehmens Adam Audio, die auf der IFA gleich nebenan zu sehen sind. Da ist etwa die «Tensor»-Serie, deren Paradestück pro Paar immerhin 35 000 Euro kostet. Die «hauseigene Wandlertechnik» ist hier laut Entwicklungschef Klaus Heinz einer der Knackpunkte, die den Unterschied zu gewöhnlichen Boxen ausmachen.

Für gewöhnliche Hi-Fi-Fans werden «Tensor» und die «teuerste Anlage» ein Traum bleiben. Selbst Johan Coorg hat zu Hause keine «Muon»-Boxen stehen. «Mein Wohnzimmer ist nicht groß genug, und ich hab' nicht genug Geld», sagt er. Auch die «Audio»-Experten betonen, ihre Rekord-Anlage nur zum Vorführen aufgebaut zu haben.

Eine ernsthaftere Option könnte da schon die ebenfalls am Stand der Zeitschrift gezeigte «vernünftige» Anlage sein: Sie umfasst Boxen vom gleichen Hersteller wie «Muon» (3000 Euro). Der Verstärker und der Multiplayer - je von T+A - kosten 1500 beziehungsweise 2000 Euro. Dazu kommt der Plattenspieler «Music Hall MMF 7.1» für 1300 Euro. Allerdings wollen auch diese 7800 Euro erstmal aufgebracht sein.