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Die erste Bewerbung macht doppelt viel Mühe

Von Deike Uhtenwoldt 01.07.2009, 07:49

Berlin/dpa. - Für seine erste Bewerbung bekam Hannes in der Schule eine Drei und Streit mit seiner Mutter. Die hatte gegen die Praxisferne der Lehrerin gewettert und ihren eigenen Stil durchgesetzt.

Die Absenderadresse mittig statt linksbündig, Indikativ statt Konjunktiv - «ich freue mich» statt «ich würde mich freuen» - und eine persönliche Einleitung. In Rot hatte die Lehrerin daraufhin entsprechend der Vorlage aus dem Bewerbungshandbuch korrigiert und den Eingangssatz «hiermit möchte ich mich um einen Betriebspraktikumsplatz bewerben» hinzugefügt.

«Ohne meine Mutter», schimpft der 14-Jährige, «hätte ich mindestens eine Zwei für die Bewerbung bekommen.» Aber damit noch lange kein Praktikumsplatz, kontert Gerhard Winkler. Für den Autor aus Berlin sind weder Eltern noch Pädagogen die besten Ratgeber: «Eltern sind zu oft auf dem Stand von 1980, viele Lehrer nicht von dieser Arbeitswelt.»

Winkler, der sich «Bewerbungshelfer» nennt, unterscheidet zwischen Musterbewerbungen nach den Unterrichtsvorgaben und der Realität: «Lehrer sind zufrieden, wenn Schüler in der Lage sind, vorgegebene Formate mit ihren eigenen Daten zu füllen.» Für die echte Bewerbung rät der Trainer zu einem individuelleren Vorgehen: «Wenn Sie einen Personaler über Ihre Ausbildungseignung instruieren, können Sie sich alles formale Getue sparen.»

Das klingt sehr anspruchsvoll. Aber der Aufwand lohne sich, sagt Winkler. Zur Untermauerung verteilt er in Bewerbungstrainings Musteranschreiben aus der Ratgeberliteratur. Darin sollen die Jugendlichen die eigentlichen Fakten hinter den Floskeln markieren. Nicht selten bleibt das Papier erschreckend farblos: «Es gibt zu lange Einleitungen und zu viele geschwätzige Ich-Aussagen.»

Für seine Beratungen hat Winkler auch Personalverantwortliche und Ausbilder befragt. «Personaler sind unglaublich misstrauisch. Sie bekommen einfach zu viele Anfragen und zu selten Angebote von Leuten, die etwas zu bieten haben.» Daher fordert der Berater aus der Bewerbung eine «vertrauensbildende Maßnahme» zu machen, mit persönlicher Anrede und starken Argumenten für die persönliche Eignung.

Das ist leichter gesagt als getan: Viele Jugendlichen wissen nicht, was sie gut können, sagt die Berufsberaterin Karin Wistuba. Die Diplom-Pädagogin aus Berlin sieht auch Eltern in der Pflicht, die Jugendlichen auf der Suche nach den richtigen Fragen und Antworten zu begleiten. Fragebögen, die man nicht nur selbst ausfüllt, sondern auch an Bekannte verteilt, eine Checkliste persönlicher Fähigkeiten oder eine Entscheidungsmatrix, die verschiedene Vorlieben miteinander vergleicht, gelten als Stützen der Selbstanalyse.

Die Selbstbefragung ist aber durch eine Marktanalyse zu ergänzen: Welche Berufe gibt es und wer bildet aus? Was das Internet nicht bietet, kann ein gezielter Telefonanruf oft schnell klären: «Das machen weit weniger Bewerber, als man denkt», sagt Wistuba. Sofern man eine Botschaft hat, die den Ausbilder interessiert, ist ein Anruf eine gute Idee, meint auch Gerhard Winkler.

«Wir bekommen über 1000 Bewerbungen auf 13 oder 14 Ausbildungsplätze», sagt Biljana Matovic, Ausbildungsreferentin beim Flughafen Hamburg. Wegen dieser Menge sei es nicht möglich, allen Bewerbern am Telefon Auskünfte zu erteilen. Wer sich Gedanken über das Unternehmen macht und interessierte Fragen stellt, falle aber positiv auf.

Website des «Bewerbungshelfers» Gerhard Winkler: www.jova-nova.com