Der Novembermann
Hamburg/dpa. - Wie seit zehn Jahren verabschiedet sich Lena (Barbara Auer) auch diesmal wieder Anfang November für einen Monat in die Toskana. Ihr Mann, der evangelische Pfarrer Hermann Droemer (Burghart Klaußner), gönnt ihr die Wochen der Erholung fern vom häuslichen Alltag.
Dann bringt ein Polizist die schreckliche Nachricht, dass Lena bei einem Busunfall tödlich verunglückt ist. Aber wieso in der Nähe von Bremen, wenn sie doch aus dem Rheinland in Richtung Süden unterwegs sein sollte? In dem Fernsehfilm «Der Novembermann» an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr in der ARD muss Hermann feststellen, dass seine Frau immer im November ihren Liebhaber auf Sylt besucht hat.
Die Ansichtskarte aus der Toskana, von einer Freundin wunschgemäß in den Briefkasten geworfen, löst Hermanns Nachforschungen aus. Schnell kommt er auf die Spur des blinden Klavierlehrers Henry (Götz George), der allein in einem Haus auf der Nordseeinsel wohnt. Ein Schlüssel zu diesem Haus war in Lenas Gepäck. Hermann schleicht sich als Klavierschüler in Henrys Vertrauen ein und versucht herauszubekommen, was seine Frau an diesem Mann fasziniert hat. Dabei erlebt er, wie sehnsüchtig Henry auf Lena wartet, wie sehr er darunter leidet, dass sie nichts von sich hören lässt. Aus dem einen gemeinsamen Monat mit ihr zieht er Lebenskraft für das ganze Jahr.
Götz George spielt den erblindeten Ex-Fotografen mit ruppigem Charme als einen Mann voller Lebenshunger. Sein Gegenüber Burghart Klaußner gibt dem trauernden Seelsorger Züge eines verzweifelt Eifersüchtigen, der sich für seinen Verlust rächen will. Als seine erwachsene Tochter (Bernadette Heerwagen) ihn samt Enkelin auf der Insel besucht, hat er kein Gespür für deren Nöte und Sorgen. Enttäuscht und verbittert reist sie wieder ab. Und wütend muss sich Hermann anschließend von Henry anhören, dass in Wirklichkeit er der Blinde sei, der seine Tochter wohl genauso wenig kenne wie seine Frau.
Der blinde Musiker weiß noch immer nicht, mit wem er es zu tun hat. Hermann missgönnt ihm die Erinnerungen an eine Lena, die er selbst so nie kennen gelernt hat. Und weil er sie verloren hat, soll Henry sie nun auch verlieren. Um ihm jede Hoffnung auf ihre Rückkehr zu nehmen, greift Hermann zu Mitteln, die mit seiner christlichen Berufung kaum vereinbar sind. In ihrem Psycho-Duell offenbaren beide Männer ihre jeweiligen Abhängigkeiten mehr als deutlich.
Regisseur Jobst Oetzmann, dessen erster Kinofilm «Die Einsamkeit der Krokodile» 2001 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde, schrieb das Hörspiel «Der Novembermann» 2004 gemeinsam mit dem Dramaturgen Magnus Vattrodt. Beide arbeiteten zwei Jahre später auch am Drehbuch für den Fernsehfilm zusammen. Die Produktion der Firma Filmpool wurde von Arte und dem Westdeutschen Rundfunk mitproduziert.