1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Der Andersdenkende

Der Andersdenkende

23.02.2010, 23:15

Hamburg/dpa. - 1991 erschien eine Briefmarke mit seinem Porträt, die Städte Nürnberg und Eriwan haben Plätze nach ihm benannt, sogar ein Asteroid trägt seinen Namen. Andrej Dmitrijewitsch Sacharow gehört zu den berühmtesten Physikern der Weltgeschichte.

Doch nicht vorwiegend wegen seiner wissenschaftlichen Karriere wurde der Russe über die Grenzen der Sowjetunion bekannt, sondern sein Einsatz für den Frieden und die Menschenrechte, der mit der Verbannung ins Straflager endete, machten aus dem Physiker eine Figur der Weltgeschichte. Der Regisseur Iossif Pasternak drehte für den Kultursender Arte die Dokumentation «Der Andersdenkende», die an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) ausgestrahlt wird.

Der 1921 in Moskau geborene Sacharow gehört zu den Vätern der sowjetischen Atombombe. Auch dank seiner Arbeit verfügte die UdSSR mit der 1953 gezündeten ersten Wasserstoffbombe über das Instrument zur Sicherung ihrer Position im Gleichgewicht des Schreckens. Sacharow wurde in seiner Heimat als «Vater der sowjetischen H-Bombe» mit Ehrungen überhäuft. In den 70er Jahren nutzte Sacharow seine Integrität, um ein «Komitee zur Durchsetzung der Menschenrechte und zur Verteidigung politisch Verfolgter» zu gründen. Zunehmend engagierte er sich für die Verteidigung von Dissidenten.

Doch seine 1975 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Bemühungen machten ihn in der Sowjetunion zum Staatsfeind Nummer eins. Zu der Verleihung hatte Sacharow schon nicht mehr reisen dürfen. Seine Frau, Jelena Bonner, nahm die Auszeichnung entgegen. Wegen der Kritik an den Behörden seines Landes verlor Sacharow 1979 seine Privilegien, wurde seiner Ämter enthoben und nach Gorki verbannt. Seine Frau blieb während seiner Verbannung sein einziger Kontakt zur Außenwelt, bis auch sie 1984 nach Gorki ins Straflager geschickt wurde. Dort lebten sie bis 1986 unter strenger Überwachung.

Danach wurde Sacharow rehabilitiert, 1988 berief man ihn sogar wieder in eine leitende Position in die Sowjetische Akademie der Wissenschaften. Drei Jahre nach seiner Freilassung starb der gesundheitlich angeschlagene Sacharow jedoch an den Folgen eines Herzinfarkts in seiner Heimatstadt Moskau.

Das Europäische Parlament verleiht seit 1988 jährlich den Sacharow-Preis an Menschen und Organisationen, die sich um die Verteidigung der Menschenrechte und der Freiheit des Geistes verdient gemacht haben. Regisseur Pasternak sprach mit Sacharow nahestehenden Menschen und zeigt in seinem Film bislang selten gezeigte Archivaufnahmen.