Datenbank Datenbank: Was der Strichcode verrät
Halle/MZ. - Elektronisch in den Computer eingelesene Produktinformationen gehören zum Alltag im Einzelhandel. "International Article Number", nach der alten Schreibweise "European Article Number" (EAN), ist die Produktkennzeichnung für Handelsartikel. Vom Hersteller beantragt wird sie als Zahlenfolge sowie als maschinenlesbarer Strichcode auf die Verpackung gedruckt.
Dem Händler bietet die Technik den Vorteil, stets zu wissen, was er wann und zu welchem Preis verkauft hat, dem Kunden erspart sie im Idealfall Wartezeit an der Kasse.
"Warum sollte der Strichcode nur Informationen für den Händler transportieren?", fragte sich eines Tages ein Student des Fachbereichs "Neue Medien" an der Fachhochschule Basel. "Der Strichcode", erklärt Roman Bleichenbacher, "macht Produkte eindeutig identifizierbar. Deshalb kann man ihn genauso gut auch im Dienste des Kunden nutzen, etwa indem man ihn mit relevanten Verbraucherinformationen verknüpft."
Danach genügt das Einlesen des Codes über das Internet - schon werden auf dem PC-Bildschirm detaillierte Informationen darüber angezeigt, welche Inhaltsstoffe im betreffenden Produkt zu finden sind und wie unabhängige Testinstitute oder andere Nutzer es bewerten.
2001 stellte Bleichenbacher seine Idee erstmals vor. Aufgrund der nach eigener Aussage "begeisterten Reaktionen" betrieb er das Projekt unter dem Namen "Codecheck" nebenberuflich weiter, seit vergangenem Jahr hat er sich ihm nun ganz verschrieben: "Wir wollen unseren Service möglichst vielen Nutzern unkompliziert zugänglich machen, und zwar überall dort, wo sie Produktinformationen brauchen."
Das Herzstück von Codecheck ist die jeden Tag anwachsende Produktdatenbank im Internet. Auf der Codecheck-Internetseite kann jeder nach Produkten suchen. Rund 30 000 sind derzeit erfasst, momentan in erster Linie Lebensmittel und Kosmetik.
Der Nutzer gibt wahlweise ein Stichwort oder die zum Code gehörige Nummer ein. Es genügt aber auch, das Balkendiagramm vor eine an den PC angeschlossene digitale Webcam zu halten. Ist das Produkt noch nicht erfasst, erscheint anstatt der Produktinformationen eine Eingabemaske, in welche die auf der Packung aufgedruckten Angaben eingegeben werden können. Alle weiteren Informationen werden dann automatisiert durch das Codecheck-System ergänzt. Andere Nutzer steuern Erfahrungsberichte bei, empfehlen ein wohlriechendes Deo oder warnen vor einer Hautcreme, die bei ihnen eine allergische Reaktion ausgelöst hat. "Das funktioniert in etwa so wie bei Wikipedia", erklärt Bleichenbacher.
Sogar per Handy sind die Codecheck-Informationen abrufbar. Auf der Seite http: / /codecheck.mobi steht eine mobile Version bereit. Somit kann man direkt im Laden die Produktnummer in ein internetfähiges Mobiltelefon eingeben - schon weiß man, was man sich da gerade in den Einkaufskorb legen will, oder ob es empfehlenswertere Alternativen gibt.
Während die Kommentare der Nutzer naturgemäß eher subjektiver Natur sind, stammen die Testberichte und Inhaltsstoffanalysen ausschließlich von renommierten Organisationen und Instituten wie Öko-Test, dem Bundesverband "Die Verbraucher Initiative e.V." oder dem "World Wildlife Fund". Auch Experten wie der angesehene deutsche Lebensmittelchemiker Udo Pollmer kommen zu Wort.
Befindet sich Natriumnitrit in der Tiefkühl-Pizza, das im Köper zu Krebs erregenden Substanzen umgewandelt werden kann? Was hat Polyquaternium-7 im Haar-Shampoo zu suchen? (Antwort: Das Antistatikum verbessert die Nasskämmbarkeit.) Und sollten Kinder so viel Schmelzkäsescheiben essen dürfen, wie sie wollen? (Antwort: Lieber nicht, da manche Schmelzsalze bei Kindern Hyperaktivität auslösen können.) Auf der Suche nach Antworten auf solcherlei Fragen wird die Codecheck-Seite mittlerweile etwa eine halbe Million Mal pro Monat angeklickt.
Wenngleich die Initiative ihren Sitz in der Schweiz hat, kommen die meisten Anfragen aus Deutschland. "Es gibt einige länderspezifische Artikel, viele Industrieprodukte sind jedoch international identisch", erklärt der Codecheck-Gründer. Für den Verbraucher bedeutet die Möglichkeit des Produktvergleichs eine neue Form der Einflussnahme - und zwar nicht nur durch ihre Kaufentscheidung, sondern auch ganz unmittelbar.
"Es gab schon mal einen Fall, in dem ein großer Lebensmittelkonzern eine bekannte Würzsoße geschmacklich verändert hat", erzählt Bleichenbacher. Nach zahlreichen Protesten auf Codecheck kehrte der Hersteller zur alten Rezeptur zurück. Der Grund: "Der Eintopf hat mit der neuen Soße plötzlich anders geschmeckt, da sind die Leute auf die Barrikaden gegangen."
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