Das Schloss im Himmel
Hamburg/dpa. - In seinem Heimatland Japan bricht er regelmäßig Besucherrekorde, aber auch im Westen werden die großartigen Animationsfilme von Hayao Miyazaki seit einigen Jahren verstärkt gesehen und gefeiert.
«Chihiros Reise ins Zauberland» (2003) wurde mit dem Oscar und dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet, Miyazakis «Das wandelnde Schloss» (2005) heimste eine Oscar- Nominierung ein, im gleichen Jahr wurde der 1941 in Tokio geborene Regisseur, Drehbuchautor, Grafiker und Zeichner für sein Lebenswerk mit dem Goldenen Löwen der Filmfestspiele Venedig geehrt.
Grund genug für den deutsch-französischen Kultursender Arte, den Animationsmeister Miyazaki mit einer sechsteiligen Filmreihe zu ehren. Den Abschluss dieser Hommage bildet an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr ein frühes Werk von Miyazaki aus dem Jahr 1986: sein dritter Spielfilm «Das Schloss im Himmel».
Das Fantasy-Abenteuer nimmt das Motiv der fliegenden Insel Laputa aus Jonathan Swifts «Gullivers Reisen» auf und formt daraus eine ganz eigenständige, von vielfachen Quellen und Vorlagen inspirierte Vision. Die Einflüsse reichen von der deutschen Romantik über die technischen Utopien eines Jules Verne bis zur Ästhetik des französischen Zeichentrickfilmers Paul Grimault (1905-1994).
Miyazaki erzählt die Geschichte des Waisenmädchens Sheeta, das einen magischen Kristall besitzt, der eine Verbindung zum mysteriösen, seit langem verschollenen Himmelskönigreich Laputa darstellt. Vor allem der bösartige Regierungsbeamte Musca will um jeden Preis den Kristall in seinen Besitz bringen. Mit Hilfe von Pazu, einem mutigen Jungen aus einem Bergarbeiterdorf, gelingt es Sheeta aber immer wieder, ihre Verfolger abzuschütteln. Verfolgt werden die Kinder auch von einer Piratenbande unter Führung der tollkühnen Chefin Dora - dieser wilde Haufen mit seinen tollen Flugmaschinen entpuppt sich nach einiger Zeit als recht gutmütig und hilfsbereit.
Dabei haben Miyazakis bisweilen surreal anmutende Bilder durchaus reale Vorbilder. Der Regisseur weist darauf hin, dass das schwindelerregend konstruierte Dorf der Bergleute, in dem die Abenteuer von Sheeta und Pazu ihren Anfang nehmen, sich im Rhondda- Tal in Süd-Wales wiederfinden lässt. Und bei den Piraten standen die drei Brüder des Regisseurs Modell.
Der Gegensatz von Natur und Technik strukturiert die Abenteuer. Als die Kinder schließlich das fliegende Eiland Laputa erreichen, betreten sie eine kühn entworfene Kugel, die wie im Dornröschenschlaf durch die Lüfte fliegt. Das Wurzelwerk der Bäume hat die kalte Konstruktion überwuchert - ein müder Garten-Roboter kommt reichlich bemoost daher. Technische Hybris, verkörpert in dem Schurken Musca, bringt Unheil über die Menschen. In einer Szene blitzt am Horizont ein Atompilz auf.
Vielfältig sind die Erfindungen in diesem zweistündigen Animations-Feuerwerk, das mit großem Spannungsbogen eine universell gültige Geschichte erzählt. Ganz junge Zuschauer sind hier sicherlich überfordert. Auf die Frage nach seinem Zielpublikum antwortete Hayao Miyazaki einmal salomonisch, er drehe Filme «für Menschen, die zehn Jahre alt waren, und für die, die zehn Jahre alt werden».