Corona-Krise wirft Arbeitsmarkt um zehn Jahre zurück

Hamburg - Der Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus hat die Arbeitslosigkeit in Hamburg auf den höchsten Stand seit zehn Jahren getrieben. Im April waren 77 518 Hamburgerinnen und Hamburger arbeitslos gemeldet, teilte die Agentur für Arbeit am Donnerstag mit. Das waren fast 11 000 oder 16,5 Prozent mehr als im Vormonat. Gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres stieg die Arbeitslosigkeit um fast 15 000 Personen oder 23,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um einen Prozentpunkt auf 7,3 Prozent.
„Solche Zahlen haben wir zuletzt im April 2010 gesehen, in der späten Phase der Finanzkrise”, sagte Sönke Fock, der Leiter der Arbeitsagentur. Er könne sich nach Jahrzehnten mit leitenden Aufgaben in der Arbeitsverwaltung nicht erinnern, jemals in einem Monat einen ähnlich starken Anstieg der Arbeitslosigkeit erlebt zu haben. „Die weitere Entwicklung wird davon geprägt sein, was auf der Zeitachse tatsächlich passiert und welche Lockerungen in Abhängigkeit von Wirtschaft und Gesundheit kommen.”
Besonders betroffen vom Anstieg der Arbeitslosigkeit waren Arbeitnehmer aus der Lagerwirtschaft, der Gastronomie, Verkaufsberufe, Büro- und Sekretariatskräfte, Köche und Reinigungsberufe. „Die Corona-Pandemie hat den Hamburger Arbeitsmarkt voll erfasst”, sagte Fock. Die Stellenangebote der Arbeitsagentur liegen um 40 Prozent unter dem Vorjahr.
Rund ein Drittel der Hamburger Unternehmen hat zudem Kurzarbeit angemeldet. Mit 19 235 Unternehmen liegt die Zahl noch unterhalb bereits früher veröffentlichter Daten der Arbeitsagentur, weil Doppel- und Dreifachanmeldungen herausgefiltert wurden. Davon betroffen sind maximal rund 273 000 Beschäftigte in Hamburg, das entspricht 27 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Die tatsächliche Zahl der Kurzarbeiter dürfte nach Angaben der Arbeitsagentur jedoch deutlich niedriger liegen, weil die Unternehmen ihre angemeldete Kurzarbeit nicht ausschöpfen. Das wird erst mit einer Verzögerung von mehreren Monaten abgerechnet und ausgewertet. „Kurzarbeit ist für sehr viele Unternehmen in Hamburg das Arbeitsmarktinstrument der Stunde, um ihre Fach- und Führungskräfte im Betrieb zu halten”, sagte Fock.
Auch die Zahl der Arbeitsplätze, die in Hamburg im vergangenen Jahr die Million überschritten hat, dürfte wieder zurückgehen. Neben den Bereichen mit Arbeitsplatzverlusten gebe es jedoch auch Branchen, die zusätzliche Mitarbeiter einstellen, so zum Beispiel bei den Gesundheits- und Pflegeberufen und im Lebensmittel-Einzelhandel.
Der Arbeitgeberverband Nordmetall nutzte die aktuelle Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen, um nochmals das geplante Recht auf Home Office für Arbeitnehmer zu kritisieren. „Das ist purer politischer Aktionismus und hilft weder den Betrieben noch den Kurzarbeitern oder Arbeitslosen”, sagte Hauptgeschäftsführer Nico Fickinger. „Die Unternehmen im Norden haben zurzeit ganz andere Probleme, sehr viele haben konkrete Existenzsorgen.” (dpa/lno)