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Computer Computer: «Bin ich drin?» ist für AOL längst Geschichte

Von Christof Kerkmann 04.08.2008, 14:33
Im Bademantel vor dem heimischen Computer sitzend, versucht Ex-Tennisstar Boris Becker, sich eine Test-E-Mail an sein eigenes Handy zu schicken. Als das Vorhaben gelingt, reagiert der ehemalige Wimbledonsieger mit einem breiten Grinsen auf die Nachricht seines Mobiltelefons: «Nee, näh?». (Archivbild von 2000: dpa/AOL)
Im Bademantel vor dem heimischen Computer sitzend, versucht Ex-Tennisstar Boris Becker, sich eine Test-E-Mail an sein eigenes Handy zu schicken. Als das Vorhaben gelingt, reagiert der ehemalige Wimbledonsieger mit einem breiten Grinsen auf die Nachricht seines Mobiltelefons: «Nee, näh?». (Archivbild von 2000: dpa/AOL) Aol

Hamburg/dpa. - Hier lagenbis 2005 die Büros, hier startete AOL vor 13 Jahren. Schaut manhinter die Kulissen, sieht man aber ein völlig anderes Unternehmen:AOL verdient sein Geld nicht mehr mit Internet-Zugängen, sondern mitOnline-Werbung. Seit kurzem steht mit Harald R. Fortmann ein Werbe-Fachmann an der Spitze der deutschen Tochter.

Boris Becker und Millionen Deutsche waren mit AOL «drin», fürseine Internet-Zugänge ist das Unternehmen noch in den Köpfen vielerMenschen präsent. Doch die Margen in dem umkämpften Geschäftsfeldsind geschmolzen. Daher verkaufte AOL Deutschland die Sparte anHansenet mit der Marke Alice. Nach mehreren Umbauten ruht dasGeschäft heute auf drei Säulen, von denen die wichtigste nicht mehrAOL heißt: Das Unternehmen vermarktet Internet-Werbung unter demNamen «Platform-A». «Dieser Bereich wird das Wachstum des gesamtenUnternehmens treiben», sagt Fortmann.

Das Unternehmen vermarktet nicht nur die eigenen Portale, sondernauch rund 20 weitere deutsche Websites exklusiv, darunter Alice.de,Stayfriends.de und Seiten diverser Fußball-Clubs. Das Platform-A-Netzwerk ist laut Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) dieNummer 8 unter den deutschen Werbevermarktern und erreicht rund einViertel der deutschen Nutzer; über ein weiteres Netzwerk, in dem auchRivalen vertreten sind, erreicht man gar 80 Prozent der User. Um diedigitale Vermarktung auszubauen, hat AOL in den vergangenen 18Monaten rund zwei Milliarden Dollar investiert. Weitere Übernahmensind möglich. «Wir schauen uns um in Bereichen des Online-Marketings,die wir noch nicht abdecken», sagt Fortmann. Das seien aber nichtmehr viele.

Ob auf großen kommerziellen Portalen oder kleinsten Liebhaber-Websites, ob in Texten oder Videos, auf dem PC oder dem Handy: «Wirwollen Werbung aus einer Hand anbieten», sagt Fortmann. «Wir sehenbei Radio, Fernsehen und Print Verluste und bei Online Wachstum», soFortmann. Davon will das neue AOL profitieren ­ unabhängig davon, obdas Unternehmen im Time Warner-Konzern verbleibt oder, wie schon sooft spekuliert, verkauft wird.

Die zweite Säule ist in den vergangenen Jahren vom Lastenträgerzum Zierwerk geschrumpft. Die Portalseiten im Internet bestückte AOLfrüher mit einer der größten Online-Redaktionen des Landes; heutestammen die Artikel und Fotos fast ausschließlich von Partnern. DieNachrichten liefert etwa Welt.de. Das Portal lockt vor allem Älterean. Um an die junge Generation heranzukommen, macht AOL Portale unteranderem Namen auf. So soll das Blog Engadget bald nach Deutschlandkommen - hier geht es um technische Neuheiten und Spielereien.

«Wenn man ein gutes Portal betreiben will, muss man keine großeOnline-Redaktion haben», ist Fortmann überzeugt. «Man sollte dieInhalte nehmen, die gut und auf dem Markt verfügbar sind.» Das AOL-Portal und die anderen Websites erfüllen so weiterhin einen Zweck:Sie sind ein Podium für die Werbevermarktung.

Auch die dritte Sparte lehnt sich an die Werbe-Säule an: Unter demSchlagwort «People's Networks» fasst AOL unter anderem die Instant-Messaging-Dienste (Echtzeit-Nachrichten-Dienste) ICQ und AIM sowiedas soziale Netzwerk Bebo zusammen. Dieses hat weltweit 25 MillionenMitglieder und ist in England beliebt. Eine deutsche Version sollfolgen. «Die Vermarktung von sozialen Netzwerken steckt noch in denKinderschuhen, aber über die Masse der Zugriffe auf die Seiten lassensich auch hohe Erlöse erzielen», ist Fortmann überzeugt.

Der Umbau macht sich auch beim Personalstand bemerkbar: 2006wechselten 1250 der damals 1500 Mitarbeiter zu Alice, die anderenBereiche schrumpften ebenfalls. Heute hat AOL nach eigenen Angaben225 Mitarbeiter, nicht zuletzt durch Zukäufe. Und es sucht wiederPersonal - hauptsächlich für das Online-Marketing.

Das Logo von Platform-A, der Vermarktungseinheit von AOL Deutschland. (Foto: dpa)
Das Logo von Platform-A, der Vermarktungseinheit von AOL Deutschland. (Foto: dpa)
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