City-Radrennen City-Radrennen: Titel und Sonnenkopp für Linus Gerdemann
DESSAU/MZ. - Als das Fahrerfeld dann um 17 Uhr zum letzten Mal aus der Post- in die lang einsehbare Zielgerade in der Zerbster Straße einbog, war es tatsächlich das blau leuchtende Trikot des 26-jährigen Milram-Fahrers, das zuerst aus dem Schatten des feldbegleitenden Polizeimotorrads erschien. Links und rechts der Strecke erhoben sich die Leute in den Cafés von ihren Stühlen. Unter dem Jubel der Zuschauer und den sich überschlagenden Worten des Kommentators Jürgen Kramer überfuhr der Deutschlandtour-Sieger von 2008 die Ziellinie Höhe Rathauscenter.
Leichte Skepsis vor Start
Zwei Stunden zuvor zeigte er sich, im Gegensatz zu seinen Fans, noch weniger zuversichtlich. "Ich bin heute Einzelstarter, fast alle anderen fahren im Team. Das wird sicher nicht einfach", meinte Gerdemann. Dessaus Sportdirektor Ralph Hirsch sah das ähnlich und seinen Wunschfahrer für die bereits neunte Auflage des Radrennens in der Muldestadt noch lange nicht auf dem Siegerpodest. "Vielleicht findet er ja im Rennen Verbündete", vermutete er.
Zum Beispiel in Eric Baumann vom Team Nutrixxion Sparkasse. Zwei Jahre lang fuhr der Rostocker zusammen mit Gerdemann für das Team T-Mobile. Und tatsächlich gehörten ab der achten Runde beide zu einem fünfköpfigen Ausreißerteam, das nach 14 Runden bereits einen Vorsprung von 50 Sekunden auf das Hauptfeld herausgefahren hatte. In diesem Spitzenquintett fuhren auch Heinrich Berger vom Stevens Racing Team und die beiden Bianchi-Fahrer Julian Tucholl und Robert Bengsch.
Eine Zeit lang glaubten die insgesamt 3 500 Zuschauer noch daran, dass den Ausreißern irgendwann die Puste ausginge und sie vom Hauptfeld wieder eingeholt würden. Doch obwohl dieses nun deutlich das Tempo anzog, wuchs sein Abstand zur Spitze nur weiter und betrug zwischenzeitlich mehr als anderthalb Minuten. Erst in den letzten Runden nahm er wieder ab. Die Aufmerksamkeit des Publikums jedoch stieg und konzentrierte sich auf die fünf Flüchtlinge.
In der 34. von insgesamt 40 Runden nahm sich der in Frankfurt / Oder geborene Robert Bengsch ein Herz und konnte seinen Widersachern entfliehen. Sechs Sekunden betrug sein Vorsprung. Nach drei Runden war er von den anderen vier Fahrern jedoch wieder eingeholt. Auf der Zielgeraden zur vorletzten Runde war es dann Linus Gerdemann, der unter tosendem Applaus zum Angriff ansetzte. Vor der Einfahrt in die letzte Runde hatte er schon einen größeren Vorsprung herausgefahren und siegte vor dem Zweitplatzierten Eric Baumann. Den dritten Platz belegte Robert Bengsch.
Einladung zum Zehnten
Zur Siegerehrung zeigte sich Linus Gerdemann erschöpft, aber glücklich: "Dieser Sieg ist etwas ganz Tolles. Mit dem, was ich erreicht habe, möchte ich mich aber nicht zufrieden geben. Für die Zukunft habe ich noch viele Ziele", sagte er mit Blick auf die Ende August beginnende Spanien-Rundfahrt. Bereits einen Monat später geht er bei der Straßen-Weltmeisterschaft in Mendrisio in Italien an den Start.
Gerdemann ist, nach seinem Triumph vor zwei Jahren, nun der erste Fahrer, der das Dessau-Roßlauer Radrennen zweimal gewinnen konnte. Von Ralph Hirsch bekam er dafür, neben einer Glaskugel für den Sieger, einen "Dessauer Sonnenkopp", eine kleine Keramikfigur, überreicht. Eine Einladung für das nächste Jahr gab es ebenfalls und Gerdemann antwortete zuversichtlich: "Ich mag das Rennen und komme gerne wieder."