China China: Eine kulinarische Rundreise durch Hongkong

Hongkong/dpa. - Wer in Hongkong einfach nur chinesisch essen gehen will, wird es schwer haben. Denn eine spezielle chinesische Küche gibt es in der Metropole am Südchinesischen Meer so wenig wie im ganzen Land. Dafür existiert eine ganze Vielzahl chinesischer Kochrichtungen: die kantonesische Küche des Südens, die königliche Peking-Küche des Nordens, die Küche des Ostens und die des Westens, dazu Unterabteilungen wie etwa die äußerst scharfe Sichuan-Küche.
Kein Ort in China ist besser geeignet als Hongkong, um all diese unterschiedlichen Kochstile und Geschmacksrichtungen auszuprobieren. Schließlich leben in der Ex-Kolonie Millionen von Zuwanderern aus allen Teilen des Reichs der Mitte, die ihre Rezepte und Traditionen aus der Heimat mitgebracht haben, und viele haben irgendwo in der Stadt ein Lokal oder Restaurant aufgemacht. Die gibt es tausendfach, in kleinen Gassen wie in großen Shopping-Malls, vom Nudel-Shop bis zum Gourmet-Tempel - so viele wie in keiner anderen chinesischen Stadt.
Gegessen wird überall mit Stäbchen. Als Tourist aus dem Westen bekommt man allerdings hin und wieder unaufgefordert Gabel und Löffel gereicht. Anders als in Europa zu Lande ist es in Hongkong - wie in ganz China - üblich, dass im Restaurant alle bestellten Speisen in die Mitte des Tisches gestellt werden und dass jeder von jedem probieren kann.
Trotz der kulinarischen Vielfalt überwiegt in Hongkong, das in Chinas Süden liegt, naturgemäß die Küche der Region - also kantonesisch. Die Gerichte sind zum großen Teil im Dampf gegart oder im pfannenartigen Wok gerührt. Aus dem Süden rund um die Stadt Kanton kommen auch die berühmten Dim Sum, die chinesische Fast-Food-Variante, die in Hongkong schon zum Frühstück gegessen wird: Rollen, Klöße und Häppchen aus Hefe-, Reis- oder Weizenteig, gedünstet, gebacken, frittiert, gefüllt mit jeder Art von Fleisch, Innereien oder Gemüse.
Eine der besten Adressen, um die Vielfalt der Dim-Sum-Küche kennen zu lernen, ist das «Luk Yu Tea House» im Stadtbezirk Central (Stanley Street). Dieses Restaurant gibt es seit mehr als 70 Jahren. Es ist im Art-Deco-Stil eingerichtet und serviert ab morgens um 7.00 Uhr hunderte verschiedener Dim Sums: vom Dampfkloß mit geminzter Rindfleischfüllung bis zur Teigtasche aus schwarzen Bohnen, gefüllt mit Hühnerklein und Knoblauch. Die Gerichte sind preiswert, und dass die Küche wunderbar ist, belegt schon die Tatsache, dass es hier immer voll ist.
Gediegener geht es dagegen zu im «Peninsula Hotel» im Stadtviertel Kowloon. «Spring Moon», das kantonesische Restaurant des Luxushotels, zählt zu den besten und teuersten der Stadt. Täglich werden hier mehr als 6000 dieser delikaten Häppchen gefertigt. Wer will, kann im «Peninsula» auch einen Dim-Sum-Kurzkochkurs belegen.
Ein kantonesisches Sprichwort besagt denn auch, dass man hier alles isst, was fliegen kann, außer Flugzeugen, und alles, was vier Beine hat, außer Tischen und Stühlen. Da ist etwas Wahres dran, was ein Gang über einen der vielen Märkte Hongkongs zeigt. Zum Beispiel in der Des Voeux Road West und den Nebenstraßen reihen sich unzählige Geschäfte und Stände aneinander, die gedörrte Seegurken, luftgetrocknete Entensalami, auszukochende Schwalbennester und gemahlene Hirschgeweihe verkaufen.
Am teuersten sind Abalone-Muscheln, die in Hongkong nur zu festlichen Anlässen gereicht werden: 500 Gramm kosten umgerechnet 1300 Euro. Günstiger und ebenfalls eine hiesige Spezialität sind die so genannten hundertjährigen Eier, die zum Glück jünger sind als ihr Name befürchten lässt. Ein paar Wochen lang reifen sie roh in einem schlammigen Spezialteig, danach sind sie innen fest und können gegessen werden. Der Geschmack liegt irgendwo zwischen Eiersalat und Fisch.
Ein paar Ecken weiter hat 1997 ein berühmter Deutscher getafelt: Bundeskanzler Helmut Kohl war seinerzeit im «Yun Kee» in der Wellington Street zu Gast. Das Restaurant ist eine Institution und berühmt für seine vielen Gans-Gerichte. Der Besitzer erinnert sich noch gern an den Gast aus Deutschland, dem die servierten Gans-Variationen so gemundet haben, dass er gleich zweimal nachbestellt hat.
Da Hongkong am Meer liegt, spielen Fisch und Meeresfrüchte eine wichtige Rolle. Bester Beweis hierfür ist ein Abstecher nach Lei Yu Mun, einem ehemaligen Fischerdorf südöstlich von Kowloon. Heute ist hier der größte Fischmarkt der Stadt mit Dutzenden Marktständen, die unzählige Fischsorten, Muscheln und Krabben feilbieten. Das Besondere ist, dass die Ware lebt. Sie schwimmt in Fässern und Aquarien munter durchs Wasser - jedenfalls so lange, bis ein Käufer kommt...
Nach so viel fernöstlicher Feinkost dürfte der Gaumen nach einem Stück kulinarischer Heimat lechzen. Was eignet sich da besser als Süßspeisen? Konditoreien westlicher Art wird man in Hongkong schwer finden - Süßspeisen-Freunde zieht es hier eher in die Nobelhotels, allen voran ins «Grand Hyatt» in der Nähe des Convention Center. Das «Grand Hyatt» verfügt über die pompöseste Hotel-Lobby der Stadt, ein turnhallengroßer Traum aus schwarzem Marmor unter einem goldenen Himmel. In dieser Lobby wird allabendlich das üppigste Dessert-Büfett Hongkongs aufgefahren. 150 verschiedene Sorten Süßspeisen reihen sich aneinander: Torten und Kuchen, Creme und Pudding, Eisbomben und Sahneschnitten. Und hier muss man nicht mit Stäbchen essen.
Informationen: Hongkong Tourism Board, Humboldtstraße 94, 60318 Frankfurt (Tel.: 069/959 12 90, Fax: 069/597 80 50).