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Champions League Champions League: Kahn bewahrt Bayern vor Ohnmacht

Von Klaus Bergmann 22.10.2003, 15:17

Lyon/dpa. - In dem Saal, in dem Franz Beckenbauer die Profis des FC Bayern München vor zwei Jahren nach dem 0:3-Debakel gegen Lyon als «Altherrenfußballer» verhöhnt hatte, gab es dieses Mal statt böser Worte Lob und sogar Sonderapplaus. Allerdings nur für einen: Oliver Kahn. Der Nationaltorhüter bewahrte den deutschen Fußball-Meister in seinem 100. Europapokalspiel vor einer bitteren Last-Minute-Pleite, deren Konsequenzen nicht abzusehen gewesen wären.

«Der Schuss von Giovane Elber war unhaltbar. Wenn der Ball reingeht, falle ich auf der Tribüne in Ohnmacht. Zum Glück hat Kahn mich davor bewahrt», meinte Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge am Dienstagabend nach einem am Ende dramatischen 1:1 der Bayern bei Olympique Lyon erleichtert. Seit Saisonbeginn hatten sie beim Rekordmeister auf so eine spektakuläre Aktion ihres Kapitäns gewartet: «Er hält wieder die Unhaltbaren, deswegen ist er der beste Torwart der Welt», lobte Rummenigge den «Titan» in höchsten Tönen.

Tatsächlich bewahrte Kahn seine Mannschaft nicht nur vor dem Albtraum, ausgerechnet vom ehemaligen Teamkollegen Elber in der Nachspielzeit den K.o. versetzt zu bekommen. «Ich wusste gar nicht, dass es der Giovane war, weil alles so schnell ging», berichtete Kahn, der den aus fünf Metern abgefeuerten Schuss mit den Händen abwehrte. «Das war Weltklasse», sagte der erstaunte Elber.

Kahn verhinderte, dass die bis zur 88. Minute führenden Bayern in der Vorrunde der Champions League erneut in arge Bedrängnis geraten sind. «Es wäre mental sehr schwer gewesen für uns, wenn wir verloren hätten», kommentierte der Torhüter, denn schon das späte 1:1 von Peguy Luyindula (88.) hatte die Münchner zwei Punkte gekostet. Die Bayern, die nach 25 Minuten durch Roy Makaay in Führung gegangen waren, hätten den Sieg zuvor perfekt machen müssen.

«Wir haben ein Spiel, das eigentlich schon entschieden war, aus der Hand gegeben», meinte Manager Uli Hoeneß. Roque Santa Cruz vergab den Matchball, als er in der 74. Minute nur den Pfosten traf. «Danach war der Knick im Spiel», analysierte Kahn. Die Bayern ließen sich hinten rein drängen und gerieten am Ende förmlich in Panik. «Wir haben um den Ausgleich gebettelt», befand Michael Ballack.

Mit fünf Punkten verteidigten die Bayern dennoch Platz eins in Gruppe A vor Anderlecht und Lyon (beide 4) sowie Celtic Glasgow (3). «Und wenn wir unsere zwei Heimspiele gewinnen, sind wir ganz sicher im Achtelfinale», rechnete Makaay vor. Aber ein echter Titelkandidat sind die Bayern noch nicht, auch wenn sie den widrigen Umständen mit vielen verletzten, angeschlagenen und formschwachen Akteuren sowie ihrem Frankreich-Komplex in Lyon erfolgreich trotzen konnten. «Das 1:1 ist ein gutes Ergebnis. Wir haben in den letzten Jahren in Frankreich doch nur Scheiß-Ergebnisse gehabt», bemerkte Kahn.

Trotzdem fehlt den Bayern eine eingespielte Formation und der Killerinstinkt. «Die Chancen zum 2:0 waren da, da muss man eiskalt sein», kritisierte Trainer Ottmar Hitzfeld. Allein Makaay machte es vor. Der Torjäger schloss eine Traumkombination über vier Stationen traumhaft sicher ab. «So einen Killer-Stürmer gibt es in Europa kaum», lobte Kahn den Millionen-Stürmer nach dem dritten Treffer im dritten Spiel. Für die Formulierung von Titelansprüchen reicht das nicht. «Wir sind noch nicht da, wo wir mal waren», sagte Kahn.

Hoffnungsfroh kann die Bayern neben dem Formanstieg des Torwarts und der Treffsicherheit von Makaay die gute Leistung von Sebastian Deisler in seinem ersten Champions-League-Spiel für die Münchner stimmen. «Er war eine der Besten auf dem Platz», lobte Hitzfeld den Nationalspieler, von dem fast alle gefährlichen Aktionen ausgingen. «Ich bin schon zufrieden. Am Ende hat mir noch etwas die Kraft gefehlt», sagte Deisler. Der Mann des Abends war aber auch für ihn Oliver Kahn: «Er hat uns das Unentschieden gerettet.»