Bundesliga Bundesliga: Trainerentlassungen wie früher
Düsseldorf/dpa. - «In derletzten Saison sah es so aus, als wären bessere Sitten eingekehrt,doch jetzt sind wir wieder zur alten Methode des 'hire and fire'zurückgekehrt», kritisierte Horst Zingraf, Präsident des BundesDeutscher Fußball-Lehrer (BDFL), am Dienstag in einem Gespräch mitder Deutschen Presse-Agentur dpa die ungewöhnlich hohe Zahl derschnellen Entlassungen. Hertha-Trainer Lucien Favre war bereits dervierte von 18 Chefcoaches nach Jörn Andersen (Mainz 05), DieterHecking (Hannover 96) und Marcel Koller (VfL Bochum), der in dieserSpielzeit vorzeitig seinen Stuhl räumte. Saisonübergreifend ist esder zwölfte Trainerwechsel binnen eines halben Jahres.
Die Negativ-Bestmarke in fast drei Jahrzehnten gab es in derSaison 1991/92, als drei Fußball-Lehrer vor Ende September vorzeitiggehen mussten - allerdings erst nach dem 11. Spieltag. Doch in dieserSaison riss der Geduldsfaden der Club-Chefs schneller den je:Andersen musste schon vor dem Bundesliga-Start gehen, Hecking tratnach zwei Spielen zurück, Koller traf der Bannstrahl nach sechs undFavre nun nach sieben Erstliga-Partien.
Einen Trend will Bochums Sportvorstand Thomas Ernst, der weiterhineinen Nachfolger für Koller sucht, daraus aber nicht ableiten: «JederVerein hat seine eigene Geschichte, was Trainerentlassungen angeht.»2008/2009 hatten nur Jos Luhukay (Borussia Mönchengladbach) und ArminVeh (VfB Stuttgart) schon in der Bundesliga-Hinrunde ihre Papiereabholen müssen.
Eine Erfolgsstory ist es nie, die zur Trennung führt. Im FalleHertha und Favre, der vor vier Monaten noch mit den Berlinern inTitelregionen kämpfte, führten sechs Bundesliga-Niederlagen in Seriezum Rauswurf des Schweizers. «Wenn man die besten Stürmer verkauft,aber bei Hertha die Ziele nicht relativiert, wächst der Druckunermesslich», stellte Zingraf fest.
«Häufig sehen Entlassungen wie eine kurzfristige Reaktion aus,dahinter steckt oft aber eine langfristige Entwicklung», sagte JanSchindelmeiser, Manager von 1899 Hoffenheim, dessen Club mit dem 5:1gegen Hertha mit zur Trennung von Favre beitrug. «In Berlin kommtsicher der Druck der Medien hinzu.» Der Rauswurf eines Cheftrainerswerfe immer aber auch ein Schatten auf die Vereinsführung. «EineTrainerentlassung ist auch ein Eingeständnis dessen, dass man selbstnicht alles richtig gemacht hat», sagte Schindelmeiser. In der Regelkönne man den Misserfolg nicht allein dem Coach anlasten, «aber manglaubt, durch den Wechsel am ehesten eine Veränderung herbeiführen zukönnen».
Auf Dauer sei ein Verein nur erfolgreich, wenn eine hoheKontinuität herrsche. «Das ist das entscheidende Kriterium», meinteSchindelmeiser. «Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich einTrainerwechsel langfristig meistens nicht auszahlt.» Dieser Ansichtist auch BDFL-Präsident Zingraf: «Selten hat ein Trainerwechsel denErfolg signifikant auf lange Sicht gesteigert.»