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Bremerhaven Bremerhaven: Ein schmales Handtuch

Von STEPHANIE LETTGEN 22.07.2010, 16:59

Halle/MZ. - Wer in Bremerhaven die Aussichtsplattform Sail City betritt, dem bietet sich ein faszinierender Anblick. Aus einer Höhe von 86 Metern merkt der Besucher sofort, was das Besondere dieser maritimen Stadt der Gegensätze an der Wesermündung ausmacht: Nahe beieinander stehen am Hafen moderne Spitzenmuseen von außergewöhnlicher Architektur zwischen alten Leuchttürmen und stolzen Museumsschiffen. In der Ferne kann man die Abfahrt der Kreuzfahrtschiffe beobachten oder die Terminals sehen, auf denen mit Containern, Autos oder Früchten beladene Frachter abgefertigt werden.

"Bremerhaven ist ein langes schmales Handtuch", erklärt Gästeführer Manfred Sündermann die Form der zum Bundesland Bremen gehörenden Stadt. Sie ist 16 Kilometer lang, aber an einigen Stellen nur 3,5 Kilometer breit. "Dort ist schon Niedersachsen", sagt der 64-Jährige und deutet in Richtung Wilhelmshaven.

Unübersehbar ist aber auch, was der Stadt den Ruf einbrachte, keine Schönheit zu sein: Zwischen den touristischen Attraktionen der "Havenwelten" und der Fußgängerzone stehen die Hochhäuser eines Einkaufs- und Wohnkomplexes aus den 1970er Jahren. Auch in der Innenstadt sucht man vergeblich nach schönen Gässchen. Zum einen wurde die Stadt während des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört. Zum anderen ist Bremerhaven erst 1827 entstanden, als die Bremer ein Stück Land vom Königreich Hannover kauften, um dort einen Überseehafen zu bauen.

Inzwischen hat der Strukturwandel in der Seestadt seine Spuren hinterlassen. In der Werftenindustrie und der Fischerei gingen zahlreiche Arbeitsplätze verloren. Die Einwohnerzahl sank auf rund 115 000. Doch Bremerhaven hat hart am Imagewandel gearbeitet. Nach Angaben des Chefs der Bremerhavener Tourismusförderung, Volker Kölling, wurden allein in die "Havenwelten" 500 Millionen öffentliche Mittel investiert. 2009 habe die Stadt mit 300 000 Gästen in den Hotels einen Zugewinn von 4,2 Prozent verzeichnet, sagt er.

Dabei ist es kaum möglich, alle touristischen Höhepunkte an einem Tag zu sehen. Mehr als drei Stunden braucht man allein, um in Ruhe das "Klimahaus Bremerhaven 8° Ost", zu besichtigen. Eröffnet wurde der für 100 Millionen Euro gebaute Besuchermagnet im Juni 2009. Die interaktive Wissenschaftsshow lädt zu einer Reise entlang des achten Längengrades ein. Das Konzept überzeugt: Ungewöhnliche Erlebnisse sollen Interesse für den Klimawandel und die mit ihm verbundenen Probleme wecken und die Zusammenhänge begreifbar machen. Der Besucher steigt auf eine Alm in der Schweiz, kommt nach Sardinien, in die Halbwüste Sahelzone, nach Kamerun, Samoa, in die Antarktis, nach Alaska und ins Wattenmeer. "Grundlage der Ausstellung ist eine Originalexpedition", erklärt Klimahaus-Sprecher Wolfgang Heumer. Das Klimahaus kann man mehrmals besichtigen und immer wieder neue Details entdecken.

Das gilt auch für das Deutsche Auswandererhaus, das 2007 zum besten europäischen Museum gekürt wurde. Seit der Eröffnung vor fünf Jahren zählte es mehr als eine Million Besucher. Seit 1830 brachen rund sieben Millionen Menschen über Bremerhaven in die Neue Welt auf. Beim Einlass in das Museum erhält jeder Besucher eine Bordkarte und nimmt damit die Identität eines bestimmten Auswanderers an und geht auf eine Zeitreise. Wer beispielsweise den Spuren der 17-jährigen Martha Hüner folgt, erfährt von ihrer Auswanderung 1923 nach Amerika. Wie ein Puzzle setzt sich die Biografie des Hausmädchens zusammen: In einer Vitrine sind ihre Fotografien zu sehen und das Abschiedsgeschenk ihres Vater - eine Pferdebürste. Die nahm sie mit auf ihre Reise ins Ungewisse. Auf den Weg in die Vergangenheit kann man sich auch im nur wenige Meter entfernten Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) machen.

Seit 1975 präsentiert das Haus rund 5 000 Jahre Schifffahrtsgeschichte. Ob Raddampfer, Rettungsschiff oder Segelboot - zahlreiche Originale sind dort zu bestaunen. Höhepunkt der Ausstellung ist ein sensationeller Schiffsfund, eine alte Hansekogge aus dem Jahr 1380.

Doch Bremerhaven hat nicht nur zahlreiche Museen zu bieten. Auch Hafenrundfahrten und Bustouren zu den Überseehäfen können gebucht werden, im Zoo am Meer sind Pinguine, Eisbären und Seehunde zu beobachten. Und das "Schaufenster Fischereihafen" ist eine maritime Erlebniswelt rund um die Themen Fisch und Meer, in der Hafenkneipen, Restaurants und Geschäfte zum Schlemmen und Bummeln einladen.

Auf dem 15 Kilometer langen Deich kann man frische Seeluft atmen und bei einem Spaziergang den weiten Blick über das Wasser schweifen lassen. Vorbei geht es dabei am Strandbad, in dem Urlauber im Sommer in ihren Strandkörben die Sonne genießen. Das Schwimmen in der Weser ist wegen der starken Strömung verboten. Maritimes Flair erwartet die Gäste vom 25. bis 29. August beim internationalen Festival der Windjammer "Sail Bremerhaven 2010", das alle fünf Jahre gefeiert wird. Mehr als 220 Schiffe nehmen dann Kurs auf die Stadt.

Weitere Auskünfte bei der Tourist-Info Bremerhaven: Tel. 0471 / 41 41 41