Boxen Boxen: «Dr. Eisenfaust» verteidigt WM-Titel

Los Angeles/dpa. - Mit seinem souveränen Erfolg gegen den AmerikanerChristobal Arreola durch technischen K.o. in der zehnten Rundeschraubte Klitschko seine unglaubliche K.o.-Bilanz Samstagnacht(Ortszeit) in Los Angeles in 38 siegreichen Kämpfen auf 37. KeinBoxer der Welt kann ihm auf diesem Gebiet das Wasser reichen. Unddennoch fiel der Jubel im Staples Center eher verhalten aus, fandenBeobachter das berühmte Haar in der Suppe.
Klitschko boxe nicht attraktiv genug, nörgelten amerikanischeKritiker. Sein Stil ist in den USA verpönt. Die Amerikaner wollenAction sehen, einen offenen Schlagabtausch, und kein taktischesBoxen. «Vielleicht sieht meine Art nicht so beeindruckend aus, aberich will meinen Kopf auch nach meiner Karriere noch benutzen. Deshalbkonzentriere ich mich vor allem auf meine Verteidigung», betonte der38-jährige Klitschko, der sogar von Arreola Unterstützung bekam. «Erhat seine Stärken genutzt, seine Größe, seine Reichweite, das isthalt sein Stil. Und damit hat er mir kräftig den Hintern versohlt»,versicherte der Unterlegene, der erstmals eine Niederlage in 27Kämpfen einstecken musste.
«Das war einer der besten Kämpfe von Vitali, boxerisch der beste»,konterte Klitschko-Trainer Fritz Sdunek. «Was soll Vitali dennmachen?», fragte er verständnislos. «Er hält doch sein Kinn immerhin, die treffen ihn bloß nicht.» In der Tat verzichtete Klitschkodie meiste Zeit auf seine Deckung, doch der Gegner verstand es nicht,daraus Kapital zu schlagen.
«Boxen ist eine edle Kunst der Selbstverteidigung. Das hat nichtsmit einer wilden Straßenschlägerei zu tun», meinte Jean-Marcel Nartz,Vizepräsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). «Vitali warsehr souverän, hätte aber früher siegen müssen.» Das sah auch Ex-Weltmeister Mike Tyson so: «Ich bin überrascht, das der Kampf solange gedauert hat. Ich hätte einen solchen Gegner nach spätestensdrei Runden umgehauen. Vitali war müde, irgendwie eigenartig. Ichhabe ihn schon viel besser gesehen.» Einen neuen Fan in den USA hatKlitschko mit seiner Art der Kampfesführung jedoch gewonnen: Auf deranschließenden Party trug Schauspieler Micky Rourke stolz eineukrainische Fahne an seinem Hut.
Es war immerhin das Duell der Knockout-Spezialisten. Arreolakletterte nach 24 vorzeitigen Siegen in 26 Kämpfen zu Klitschko inden Ring. «Es war der erwartet harte Fight. Ich weiß, dass ich ihnmehrere Male schwer getroffen habe, aber er hat ein starkes Kinn»,lobte der Champion aus der Ukraine seinen Kontrahenten, der in seinerEcke bittere Tränen vergoss. Sein Trainer Henry Ramirez hatte nachder zehnten Runde das lange Zeit einseitige Duell beendet und vorKlitschko kapituliert. «Chris hat viele harte Schläge abbekommen. Eswar keine leichte Entscheidung, aber es war mein Job, ihn zuschützen, deshalb habe ich ihn gestoppt», sagte Ramirez.
Vor den 16 000 Zuschauern, darunter Kaliforniens Gouverneur ArnoldSchwarzenegger, die Schauspieler Leonardo DiCaprio, Sean Penn, TilSchweiger und Sylvester Stallone sowie Basketballstar Kobe Bryant,begann Klitschko ungewohnt offensiv. «Ich war überrascht, dassArreola nicht von Beginn an draufgegangen ist», meinte Klitschko. Mitseinem linken Jab und der rechten Schlaghand landete er immer wiederWirkungstreffer, hielt seinen Gegner zudem klug auf Distanz. «Als ichab der zweiten Runde gesehen habe, dass sein Haken gut kommt, war ichganz beruhigt», sagte Trainer Sdunek.
«Vitali ist ein smarter Kämpfer, hatte auf alle meine Aktioneneine Antwort. Ich kam einfach nicht an ihn heran», meinte einkonsternierter Arreola, dessen Augen ab der sechsten Runde sichtlichlädiert waren und der zwei Runden später zudem starkes Nasenblutenbekam. Der mit reichlich Hüftspeck angetretene Arreola gelobteBesserung. «Die Medien hatten Recht: Ich bin ein verdammt fetterKerl. Aber ich werde zurückkommen, härter trainieren und kein Biermehr trinken», versprach er und konnte dabei sogar schon wiederlachen.