Bob Bob: Die verpasste Ausfahrt des Christoph Langen
Altenberg/dpa. - Mit zwei Olympiasiegen (1998/2002), acht Weltmeistertiteln und insgesamt 27 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen könnte der erfolgreichste Pilot der 90er Jahre längst in die «Sportler-Rente» gehen, zumal ein Herzinfarkt ihn Ende Oktober erneut aus der Bahn geworfen hatte. Doch er will nur einen Winter pausieren und dann - noch ein Jahr älter - erneut entscheiden.
«Ich fühle mich athletisch nicht in der Lage, im Weltcup um den Sieg mit zu fahren. Und nur das macht Sinn», sagte der 42-Jährige aus Unterhaching, der bereits in der Saison 2002/2003 komplett fehlte, am Rande der EM in Altenberg. Dabei standen die Vorzeichen in den vergangenen Wochen eindeutig auf Karriere-Ende, doch Langen ignorierte die Ratschläge und Tipps aus seinem Umfeld. Einerseits betonte er, dass «er den Wettkampf mit der Zeit in gesundheitlicher Hinsicht verloren hat», andererseits zieht er keine endgültigen Konsequenzen.
Gesundheitliche Rückschläge gab es immer wieder: 1996 erlitt er einen Achillessehnenanriss. Er kämpfte sich heran. Seine «schwärzeste Stunde» erlebte Langen jedoch 2002 in Salt Lake City. Nach dem Erfolg im Zweier wollte er bei seiner vierten Olympia-Teilnahme endlich den Doppelsieg. Beim Start zum zweiten Vierer-Durchgang zog er sich einen Anriss der Plantarsehne im rechten Fuß zu. Erneut schaffte er den Anschluss und fuhr bei der WM in diesem Februar auf seiner Heimbahn in Königssee zwei Mal als Zweiter auf das Podest.
Die Titelkämpfe in Bayern sollten - wie selbst angekündigt - der krönende Abschluss seiner Karriere werden, doch Langen meinte danach: «So kann ich nicht abtreten». Viele Insider - auch in der Verbandsführung - schüttelten den Kopf, rieten dem eigenwilligen Sportsoldaten zum Rücktritt und boten ihm zugleich eine Perspektive im Bob- und Schlittenverband an. Doch Langen spielte Versteck. Ende September verblüffte er die Öffentlichkeit mit seinen Olympia-Plänen für Turin 2006: «Der Doppelsieg bei Olympia fehlt mir noch. Das wäre ein Coup.» Einen Monat später stoppte ihn der Herzinfarkt.
«Er ist ein Siegfahrer», sagt Cheftrainer Raimund Bethge über den Mann, der allein ein Drittel der über 80 Medaillen unter Bethges Regie gewonnen hat. Die Symbiose der Gegensätze brachte Erfolg: Bethge als stiller Taktiker und besonnener Coach - Langen als Lautsprecher der Schlitten-Szene und oftmals explodierender Pilot. Oft hätte der Trainer seinen Vorzeige-Athleten gerne an die Leine gelegt. «Es gab nie das Problem, dass Christoph zu wenig gemacht hat. Eher musste ich ihn vor sich selbst schützen, damit er gesund bleibt», betonte Bethge, der nun zwischen den Stühlen steht. Und dass Langen noch einmal eine passende Ausfahrt findet, erscheint fraglich.