Berlin Berlin: Räuber verrät die Pokerfaces

BERLIN/DPA. - Am spätenMittwochnachmittag konnte die Polizei einen weiteren dringendverdächtigen Täter festnehmen. Am späteren Abend gelang nach Angabender Polizei auch die zweifelsfreie Identifikation des 20-jährigenMannes als Mitglied des noch flüchtigen Trios. Eine Zivilstreifelandete bei der Überprüfung mehrerer Männer am U-Bahnhof RosenthalerPlatz einen Volltreffer. Einer der Männer sagte sofort, dass nach ihmgesucht werde. Er ließ sich laut Polizei widerstandslos festnehmen.
Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra hatte am Mittwochmittag vor derPresse in Berlin mitgeteilt, dass nach den Poker-Räubern inDeutschland und im Ausland mit Haftbefehl gesucht wird. Der 21-Jährige habe die Namen seiner Mittäter genannt. Ein erster Versuch,die zunächst drei noch flüchtigen Männer in ihren Wohnungenfestzunehmen, war am Dienstag gescheitert. Die Männer hatten dieWohnungen bereits verlassen.
Die Bande der vier jungen Männer aus Kreuzberg und Neuköllnerbeutete am 6. März bei dem Raubüberfall im Luxushotel Grand Hyattam Potsdamer Platz im Zentrum Berlins 242 000 Euro. Eine bereits mitweiteren rund 600 000 Euro gefüllte Tasche konnte von einemSicherheitsmann und einem Hotelmitarbeiter sichergestellt werden. DieTäter wurden von Videokameras gefilmt und hinterließen zahlreicheSpuren.
Der Fahndungsdruck sei so groß gewesen, dass der mutmaßliche Tätersich gestellt habe, sagte Kamstra. Er sei lediglich seiner Festnahmezuvorgekommen. Er habe detaillierte Angaben zu dem Überfall und nach«intensiver Befragung» auch zu seinen Komplizen gemacht. Ob eineKronzeugenregelung infrage komme, müsse das Gericht entscheiden.«Aber es spricht eine Menge dafür.» Seinen Teil der Beute will derMann wohl über seinen Rechtsanwalt zurückgeben.
Alle vier jungen Männer im Alter zwischen 19 und 21 Jahren warender Polizei schon durch Diebstähle oder Raubüberfälle bekannt undsaßen auch teilweise schon im Gefängnis. Einer von ihnen gilt alsvielfacher Wiederholungstäter. Zwei Beschuldigte sind türkischeStaatsbürger, einer Deutscher mit türkischen oder arabischen Wurzelnund einer staatenlos.
Auf die Spur der Räuber kam die Polizei über einen Zeugen. Diesernotierte sich das Kennzeichen des Wagens, mit dem die Bande nach demÜberfall flüchtete. Das Kennzeichen habe direkt zu einem der Tätergeführt, sagte der Leiter des Raubdezernats der Kriminalpolizei,Stefan Teller. In den nächsten Tagen habe die Polizei weiter Spurenausgewertet und Beweise gegen den Verdächtigen gesammelt, bis am 12.März ein Haftbefehl ausgestellt wurde.
Von Hintermännern der Bande sei zur Zeit nichts bekannt, sagteStaatsanwalt Frank M. Heller. Der festgenommene Mann habe gesagt, erhabe das Hyatt-Hotel und das Turnier ausgekundschaftet. «Als ergesehen hat, dass das Wachpersonal keine Schusswaffen hat, haben sieden Entschluss zum Überfall gefasst.»
Unklar ist noch, welcher Zusammenhang zwischen der Bande und demMann besteht, der am vergangenen Freitag festgenommen und einen Tagspäter wieder freigelassen wurde, weil er ein Alibi hatte. LautHeller fand die Polizei bei dem Mann einen Zettel mit sechs Namen,von denen drei zu der jetzt bekannten Bande gehören.
Der Räuber, der sich gestellt hatte, war während des Überfalls voneinem Wachmann zeitweise in den Schwitzkasten genommen worden. EinKomplize konnte ihn zwar wieder befreien, aber ein Foto desMaskierten mit deutlich sichtbaren Augen ging durch die Presse.Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte vor diesem Hintergrundeine schnelle Aufklärung in Aussicht gestellt.