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Basketball Basketball: Eine Entscheidung für die Familie

Von THOMAS SCHAARSCHMIDT 26.09.2010, 17:16

WOLFENBÜTTEL/MZ. - Es war still in der Kabine der BSW Sixers. Sehr still. Gerade hatte die Mannschaft ihr Auftaktspiel der Saison 2010 / 2011 in der 1. Regionalliga bei der SG Wolfenbüttel hauchdünn mit 79:80 verloren, da betrat Trainer Chuck Evans mit ernster Miene die Kabine. Keiner der Spieler ahnte, was ihnen der Amerikaner in den kommenden Minuten mitteilen würde. Chuck Evans war gekommen, um sich zu verabschieden.

Die BSW Sixers sind - das darf im positiven Sinne als gesichert gelten - kein Club wie jeder andere. Wenn es dafür jedoch noch eines Beweises bedurft hätte, dann wurde er an diesem Wochenende erbracht. Völlig unerwartet gab der Verein am

späten Samstagabend nur wenige Stunden nach der Niederlage in Wolfenbüttel die Vertragsauflösung mit seinem Trainer Chuck Evans bekannt und präsentierte gleichzeitig mit dem früheren deutschen Nationalspieler Stephen Arigbabu einen neuen Mann auf der Bank. Als erste erfuhren davon direkt nach dem Abpfiff die Sixers-Spieler. "Das war schon ein ganz besonderer und bewegender Moment", meinte Sixers-Teammanager Maik Leuschner.

Denn Evans Abschied hatte weder mit der Niederlage noch mit der sportlichen Situation des Vereins zu tun. "Chuck hat uns vor zwei Wochen im Vertrauen mitgeteilt, dass er erneut Vater wird", erklärte Leuschner, "doch die Ärzte haben bei seiner Frau eine Risikoschwangerschaft festgestellt." Der erst im Januar verpflichtete Chefcoach musste eine schwierige Entscheidung treffen - und entschied sich dafür, seiner Frau in der Heimat beizustehen. "Der sportliche Aspekt im Basketball ist nur der eine, der menschliche jedoch der viel wichtigere", so Leuschner, "jeder von uns fühlt mit Chuck." Doch wer sollte den ambitionierten Verein nun durch die neue Spielzeit führen? Der Zeitpunkt des Abschieds kam denkbar ungünstig. "Zum einen standen wir kurz vor dem Start in die Saison, zum anderen konnten wir mit unserer Trainersuche nicht in die Öffentlichkeit gehen, um keine Unruhe im Team und im Umfeld zu erzeugen", erklärt Leuschner. Nur engste Vertraute wurden daher in die Situation eingeweiht, in aller Verschwiegenheit nach Lösungen gesucht. Der entscheidende Tipp und Kontakt zu Stephen Arigbabu kam dann von Bernaus Trainer Thorsten Schierenbeck, der schon seit einigen Jahren mit Leuschner befreundet ist. "Wir haben unser Team vor der Saison nach Charakter zusammengestellt, da war klar, dass du auch einen Trainer mit Charakter benötigst."

Diese Beschreibung passe exakt auf den 38-jährigen Arigbabu, der im Sommer seine überaus erfolgreiche Karriere als Spieler beendet hat. "Stephen galt immer als einer, der alles mit höchstem Einsatz angeht", berichtet Leuschner, der sich gemeinsam mit Evans vor einigen Tagen mit dem Berliner traf und ein langes Gespräch führte. "Danach hatten wir ein richtig gutes Gefühl." Einige Tage später gab Arigbabu sein grundsätzliches okay, die Sixers konnten beginnen, die Übergabe der Trainergeschäfte vorzubereiten. Bis zum Ende der Woche wird Evans noch in Sandersdorf weilen und seinem Nachfolger zur Seite stehen, danach fliegt er heim nach Amerika. Im ersten Heimspiel am kommenden Sonnabend gegen Stade wird bereits Arigbabu auf der Bank sitzen, der die knappe Niederlage der Sixers am Samstagabend in Wolfenbüttel live miterlebte und sich hinterher auch dem Team vorstellte.

Das muss aller Wahrscheinlichkeit nach in den kommenden Wochen auf Flügelspieler Hanno Freimuth verzichten, der sich bei einem Zusammenprall eine Verletzung an der Schulter zuzog.

Die erste Saisonniederlage wollte keiner der Verantwortlichen überbewerten. "Das Team hat eine gute Leistung abgeliefert", schätzte Leuschner ein, "leider hat es nicht ganz gereicht. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg." Doch gehen muss ihn die Mannschaft in Zukunft ohne Chuck Evans.