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«BallinStadt» in Hamburg: Das Tor zur Welt für Auswanderer

Von Sven Appel 29.06.2007, 10:55

Hamburg/dpa. - Zu den schönsten Teilen Hamburg gehört die Veddel nicht. Aber es tut sich etwas auf der Elbinsel: Es wird versucht, den Menschen im Quartier am Hafen mehr Lebensqualität zu bieten. Ein neues Museum soll sogar Besucher aus Amerika anlocken.

Die Einrichtung trägt den langen Namen «Port of Dreams - BallinStadt Auswandererwelt». Die Eröffnungsfeier ist für den 4. Juli geplant. Das ist kein zufällig gewähltes Datum. Es ist erstens der Tag, an dem die US-Bürger die Unabhängigkeit ihres Landes feiern. Und zweitens lief genau vor 100 Jahren, am 4. Juni 1907, in Hamburg das Passagierschiff «America» aus, um Hunderte Menschen über den Atlantik in ein neues Leben zu bringen. Insgesamt mehr als fünf Millionen Europäer machten auf ihrer strapaziösen Reise nach Amerika in Hamburg Station. Für sie war die Stadt an der Elbe das «Tor zur Welt».

Die «BallinStadt» steht dort, wo Albert Ballin, Generaldirektor der Reederei Hapag, zwischen 1898 und 1901 eine Auswandererstadt hatte errichten lassen. Zu den insgesamt 30 Gebäuden gehörten auch eine Kirche und eine Synagoge. In Spitzenzeiten warteten auf dem 55 000 Quadratmeter großen Areal zeitgleich bis zu 5000 Menschen auf ihre Einschiffung. Die meisten stammten aus osteuropäischen Ländern.

Die Bezeichnung «Museum» hört Jens Nitschke nicht so gern. «Wir wollen den Leuten das Thema Auswanderung unterhaltsam näher bringen», sagt der Geschäftsführer der LeisureWorkGroup, die das Projekt zusammen mit der Hansestadt Hamburg betreibt. Es wird deshalb viel interaktives Film- und Tonmaterial präsentiert, an jeder Station gibt es auch für Kinder aufbereitete Inhalte. Auch der Ansatz, den die «BallinStadt» verfolgt, sei nicht museumstypisch: Es gehe nicht darum, Auswanderung als abgeschlossenen Prozess zu zeigen. Vielmehr berücksichtigt die Ausstellung, dass dauernd irgendwo Menschen aus- und einwandern. «Das Wandern gehört zum Menschen», sagt Nitschke.

So gesehen ist die «BallinStadt» auf der Veddel am richtigen Ort. Der Anteil aus dem Ausland zugezogener Menschen ist hier besonders groß. Auch sie kommen in der Ausstellung zu Wort. Der Abbau von Vorurteilen ist dabei ein erwünschter Effekt: «Niemand soll sagen 'Das ist alles lange her'», sagt Nitschke. «Die Leute sollen sich vielmehr ertappt fühlen.» Die Geschichte der Amerika-Auswanderer bildet also gewissermaßen den Hintergrund, um grundsätzliche Fragen zu klären: Warum wandern Menschen aus und wie ergeht es ihnen dabei? Diese Fragen seien heute aktuell wie vor 100 Jahren. Und daher seien die Fotos von damals zwar in Schwarz-Weiß, aber nicht alt.

Heute stehen auf dem Gelände der ehemaligen Auswandererstadt drei originalgetreu rekonstruierte Wohn- und Schlafpavillons. Im Haus I befinden sich neben dem Haupteingang zehn Computerarbeitsplätze, für die sich ganz besonders Besucher aus Übersee interessieren dürften. Hier können sie sich auf die Suche nach ihre europäischen Vorfahren machen. Bei Bedarf helfen geschulte Ahnenforscher. Sie können unter anderem auf die Passagierlisten von 1850 bis 1934 zurückgreifen.

Haus III stellt das Leben in den Auswanderhallen selbst dar. Haus II zeigt die einzelnen Phasen der Auswanderung vom Aufbruch bis zur Ankunft in New York. Es gibt Beispiele für gescheiterte Auswanderer ebenso wie für die Erfolgreichen. Und manchmal kommt es sowieso ganz anders, wie im Fall einer jungen Frau, die mit ihren Eltern in die USA auswandern wollte. An Bord verliebte sie sich in den Chefsteward. Die beiden heirateten und kehrten nach Hamburg zurück. Die Tochter, heute eine ältere Dame, lebt noch auf der Veddel - einem nicht unbedingt schönen, aber immer interessanter werdenden Teil Hamburgs.

Informationen: LeisureWorkGroup, Büschstraße 7, 20354 Hamburg; Telefon: 040/85 33 35 24.

Internet: www.ballinstadt.de