1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Badminton: Badminton: Schenk und ihr Geheimrezept für Olympia

Badminton Badminton: Schenk und ihr Geheimrezept für Olympia

Von Cai-Simon Preuten 05.03.2012, 16:27

Mülheim/Ruhr/SID. - Mit stechendem Blick sucht Juliane Schenk die Tribüne ab. Ihre Augen scannen die Rhein-Ruhr-Halle in Mülheim geradezu. Deutschlands beste Badmintonspielerin hofft, unter 2200 Zuschauern die Person zu finden, von der sie sagt: "Wenn bei den Olympischen Spielen in London etwas Großes passiert, steht es in Verbindung mit Gaby Frey." Ihren Bundestrainer sucht Schenk nicht.

Frey, 48 Jahre alt und wie Schenk aus dem Krefelder Stadtteil Hüls, ist für die WM-Dritte Rettungsanker, Vertraute und Komplizin auf der Profitour. Sie kümmert sich um das Wohlergehen ihres Schützlings und - nach eigener Einschätzung - um noch viel mehr. Offiziell firmiert Frey als Schenks Mentaltrainerin, sie selbst nennt sich eine "Flugbegleiterin".

"In aller Bescheidenheit muss ich sagen: Ich bin diejenige, die Juliane nach oben bringt", stellt Frau Frey fest: "Ihr derzeitiges Level entsteht nicht, wenn sie im eigenen Saft schmort. Ich kenne Juliane so gut, dass ich weiß, wie ich ihre Schwingungsfrequenz vor dem Spiel gestalten muss, damit sie so hoch wie möglich fliegt." Gaby Frey spricht gerne von Schwingungen, von Frequenzen und fließender Energie. Sie spricht weniger von Schmetterbällen, Rückhandstops oder taktischen Finessen.

"Juliane hat nicht schnell gespielt oder gekämpft - sie ist mit einer hohen Schwingungsfrequenz übers Feld gedüst", sagte die "Flugbegleiterin" nach Schenks herausragendem Halbfinalsieg bei den German Open in Mülheim gegen die chinesische Weltranglistenzweite Wang Xi. Es ist ihre Sicht der Dinge. Bundestrainer Jakob Hoi sagt über seine Medaillenhoffnung: "Sie kann das höchste Tempo auf der ganzen Tour spielen, höher als alle Chinesinnen."

Es sind zwei Auffassungen, die auf die Weltranglistenachte einwirken. Auf der einen Seite steht Gaby Frey, der Schenk "grenzenloses Vertrauen" schenkt, auf der anderen Seite sitzt das Trainerteam des Deutschen Badminton-Verbandes (DBV) hinter dem Feld der 29-Jährigen, ohne ins Spielgeschehen eingreifen zu können. Auch wenn Schenks Plan mal nicht aufgeht, wie im Finale der German Open, als sie der Chinesin Li Xuerui unterlag, verzichtet die viermalige deutsche Meisterin auf Tipps in den Spielunterbrechungen.

Stattdessen sucht sie die Tribüne ab, immer auf der Suche nach dem Blickkontakt zu Gaby Frey. Das verlorene Halbfinale bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in London erklärte Schenk so: "Ich habe sie auf der Tribüne einfach nicht mehr gefunden. Sie stellt eine wichtige Verbindung für mich dar."

"Ob wir von dieser Kombination überzeugt sind oder nicht, spielt keine Rolle", sagt DBV-Sportdirektor Martin Kranitz im Gespräch mit dem SID. Der Verband hat erkannt, dass der Schlüssel zur ersten deutschen Olympiamedaille die mentale Kraft seines Aushängeschilds ist. "Immer, wenn die Betreuung und die Vorbereitung mit Gaby optimal waren, sind die Dinge für mich aufgegangen. Daher wünsche ich mir, dass sie mit nach London kommt", sagt Schenk.

Ganz so einfach liegen die Dinge beim größten Sportereignis der Welt allerdings nicht. Der DBV besitzt bislang nur zwei Akkreditierungen für die Wembley Arena, und die sind an Hoi und Kranitz vergeben. "Wir haben Juliane Hilfe angeboten, damit sie von ihrer Mentaltrainerin unterstützt werden kann, auch wenn es keine Akkreditierungen gibt", sagt Kranitz. Über das "Family and Friends"-Programm soll Frey Zugang zur Halle und zum olympischen Dorf bekommen, der DBV hat finanzielle Unterstützung für Anreise und Unterbringung zugesichert. Kranitz gibt sich versöhnlich, wenn es um seine Top-Athletin geht: "Wenn Juliane daran glaubt, dann unterstützen wir sie."