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Architektur Architektur: Licht spielt treppauf, treppab

24.06.2001, 16:32

Dessau/MZ. - Nur anerkennende Worte hörte Joachim Schmeusser, als er gestern Stunde für Stunde Gruppen durch das Altenpflegeheim "Marienheim" in der Oechelhaeuserstraße führte. Sowohl die Experten mit bauspezifischen Kenntnissen und die Frauen vom Fach, die in anderen Pflegeeinrichtungen tätig sind, als auch die neugierigen Besucher, die sich einfach nur ein Bild machen wollten, wie pflegebedürftige Menschen in dem zum Jahresbeginn eröffneten Heim leben, sie alle waren beeindruckt. Immer wieder bestätigten sie dem verantwortlichen Architekten, dass die Überlegungen des Halleschen Büros Ahola und des Partners Antti Ahola aufgegangen sind.

Sowohl die farbliche Gestaltung als auch die baulichen Lösungen gefielen ihnen. "Im Alter brauchen die Menschen vor allem Lebendigkeit", benennt Schmeusser das Prinzip, nach dem dieses Heim umgesetzt wurde. Dabei sieht er auch keinen Gegensatz zu dem Grundtenor, dass das Heim in seiner Gesamtheit trotzdem ruhig wirken soll. Es dürfe eben nicht zu viel Lebendigkeit sein, räumt er ein und erzählt, wie das Architekturbüro diesen scheinbaren Widerspruch gelöst hat.

Angenehme Farben, die frisch, aber nicht kalt wirken, kamen zum Einsatz. Helles Gelb, Grün und Apricot wechseln sich harmonisch kombiniert ab, dazu passend die Möbel und Türen in hellem Holz. Alles eingefügt in eine entsprechende Auswahl an Material. Schmeusser öffnet den neugierigen Besuchern Büro-Türen ebenso wie die von Ein- oder Zweibett-Zimmern, von Bädern und Gemeinschaftsräumen, führt sie von Etage zu Etage, weist auf Details hin, beantwortet Fachfragen zur Ausführung oder zum Material. Zum italienischen Marmor in der unteren Etage ebenso wie zum Beton, der im Treppenaufgang unter lindem Grün erkennbar ist, zu den mehrfarbigen Fenstern, die den Eindruck von Kleinteiligkeit vermitteln, oder zum Backstein, der passend zur Bebauung in der Umgebung des Gebäudes gewählt wurde, und schließlich zu den Oberlichtern und den großen Glasfenstern, die eine faszinierende Transparenz in das kompakte Haus bringen.

Der freundliche Eindruck von Leichtigkeit und Lichtspielerei, von einer unsichtbaren Brücke zwischen Drinnen und Draußen wiederholt sich immer wieder. Egal ob in den Aufgängen, Fluren oder in den Zimmern. In eines davon bittet Martha Gallus die Besucher, die eigentlich schon weiter wollten. "Das ist so schön hier", schwärmt die 89-Jährige, "das müssen sie mal sehen." Als Beweis zeigt sie nicht nur auf das französische Fenster, das wie ein kleiner Balkon erscheint, und ihr "urgemütliches Bett". Sie öffnet sogar die Schranktüren. "Das ist hier gemütlich und richtig praktisch", findet sie. "Wie ich es brauche."

Der Architekt führt das auch darauf zurück, dass das Hallesche Büro nicht nur für die äußere Hülle zuständig war, einschließlich der Innenhofgestaltung, sondern seine Ideen bis zu den Möbeln und Vorhängen mit den entsprechenden Partnern verwirklichen konnte. Für Schmeusser ist nicht nur das ein glücklicher Umstand. Er freut sich auch, dass sein Büro nicht nur den Wettbewerb zu diesem Standort Ende 1998 gewonnen hat, sondern dass es diese Ideen gleich im Anschluss mit der Planung und dann mit dem Bau von November 1999 bis Januar 2001 auch umsetzen durfte.

Noch ein weiteres Plus nennt er: die gute Zusammenarbeit mit der Bauherrin, der Anhaltischen Diakonissenanstalt Dessau. Gleichzeitig verweist er auf die rasche Bestätigung der finanziellen Förderung. Somit entstand auf einem sehr beengtem Grundstück ein Altenpflegeheim mit 50 Betten und zehn Tagespflegeplätzen, dessen Projektdaten nüchtern so klingen: Bruttogeschossfläche rund 2691 Quadrat- und Bruttorauminhalt rund 8552 Kubikmeter sowie Gesamtbaukosten etwa 8,5 Millionen Mark. Joachim Schmeusser betrachtet es indes als Referenzobjekt für die Ahola-Partner-Büros, die sich dafür "sehr, sehr intensiv mit der Materie auseinander gesetzt hatten." Was ihm die rund 150 Interessenten, die Schmeusser am Sonntag insgesamt geführt hat, bestätigten.