Alexander Löbe Alexander Löbe: Wandervogel fand sein Glück im Orient
Halle/Trabzon/MZ. - "Ich erlebe eine wirklich glückliche Zeit. Ich bin noch einmal aufgeblüht." Alexander Löbe sitzt auf der Terrasse seiner Villa und blickt auf die traumhafte Anlage mit Pool etwas außerhalb von Trabzon. Nur einen Steinwurf weit vom Schwarzen Meer entfernt hat der Fußball-Profi hier in der Türkei mit seiner Frau Diana und den vier Kindern ein attraktives Zuhause gefunden.
Sein Glück macht Löbe aber vorrangig an seiner sportlichen Situation fest. Seit er für Trabzonspor, einem der vier Klub-Giganten in der Türkei, auf Torejagd geht, gehört er im vorderen Orient zu den Stars. Zwar ist der Verein gegenwärtig nur Sechster und im Titelrennen abgeschlagen, aber mit seinen neun Treffern zählt Löbe zu den erfolgreichsten Schützen der laufenden Meisterschaft. Allerdings erzielte der 28-Jährige seine ersten fünf Tore für den Klub Erzurumspor, wo er noch bis vor wenigen Wochen engagiert war. Dort begann sein türkisches Märchen zunächst als pures Abenteuer.
"1998 spielte ich für den FC Gütersloh, sofern ich durfte", erzählt Löbe, der in Halle groß geworden und 1992 mit dem Halleschen FC aus Liga zwei abgestiegen ist. "Mein Verhältnis zum damaligen Trainer Hannes Linßen, der heute in Köln als Sportdirektor das Sagen hat, endete in einem Kleinkrieg. Ich verließ den Verein Richtung Linz. Dort reifte die Entscheidung: Ich bleibe im Ausland", sagt der schnelle Stürmer, der wegen mangelnder Treffsicherheit hierzulande nie den Durchbruch geschafft hatte.
Im Sommer 1999 sondierte Löbe Angebote. Klubs aus Frankreichs erster und Italiens zweiter Liga bekundeten Interesse. Doch am heftigsten buhlten die Gesandten aus Erzurum um seine Dienste. Sie unterbreiteten auch das finanziell beste Angebot. Dies lag weitaus höher als eines, das er je aus der Bundesliga bekommen hätte, schätzt Löbe ein. Nach langen Beratungen mit Ehefrau Diana wagte die Familie mit vier Kindern den großen Schritt ins unbekannte Ost-Anatolien. Dort folgte ein Schock: Ihre Wohnung befand sich in einem hässlichen Neubauviertel. In der 2100 Meter hoch gelegenen Stadt herrschten sechs Monate im Jahr Frost. Die streng moslemischen Menschen lebten teilweise wie im Mittelalter. Doch ihre Herzlichkeit beeindruckte die Löbes. Er, der erste Fußball-Profi aus Deutschland, der sich in die ferne Provinz verirrt hatte, schoss den Aufsteiger zum Klassenerhalt. "Bald war nicht nur ich, sondern waren auch meine Kinder, die in einen türkischen Kindergarten gingen, stadtbekannt."
Aber den Klub plagten finanzielle Sorgen. Stets kam das Gehalt (bar auf die Hand) mit Verspätung. Als zu Beginn dieser Saison die Spieler wieder einmal hingehalten wurden, platzte Löbe der Kragen. Er verwies diesmal auf seinen Vertrag, wo festgeschrieben stand, bei verspäteter Zahlung könne er sofort ablösefrei gehen. Die Bosse beschwichtigten ihn. Löbe lief gegen Bursaspor, den Ex-Klub von Trainer Jörg Berger, auf und schoss beim 5:0 drei Tore. Noch einmal gab er nicht klein bei: "Sonst hätte ich mein Gesicht verloren." Fortan ging nichts mehr. Vergessen war auch, dass er als "Aushilfsmanager" Trainingslager in und medizinische Ausrüstungen aus Deutschland organisiert hatte. Erzurum boykottierte einen Wechsel. Erst als Trabzonspor 1,2 Millionen Mark hinlegte, durfte er ziehen.