1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. «Alcatraz» - Neues Knasthotel in Kaiserslautern

«Alcatraz» - Neues Knasthotel in Kaiserslautern

Von Ewald Trojansky 22.09.2008, 12:30

Kaiserslautern/dpa. - Freiwillig schlafen im Knast? Eines der ersten Gefängnishotels in Deutschland hat in Kaiserslautern seine Eröffnung gefeiert: Im «Alcatraz» können sich die Gäste in 36 sogenannten Zellenzimmern ganz wie in einer echten Haftanstalt fühlen.

Hinter Schließtüren mit Essenklappe wartet ein Gefängnisbett, das Klo befindet sich in der Zimmerecke - ohne Abtrennung, und das Fenster ist vergittert. Das neue Angebot stößt auf regen Zuspruch, sagt die «Alcatraz»-Empfangschefin Regina Fischer.

Angeboten werden laut Geschäftsführer Andreas Kirsch auch ein paar ungewöhnliche, aber passende Extras. So können Gäste den Transfer vom Bahnhof oder Flughafen in einem großen Gefangenenbus buchen. Auf Wunsch bekommen sie auch einen gestreiften Sträflingsschlafanzug. Und ihr Frühstück kann stilecht durch die Essenklappe in das Zellenzimmer gereicht werden.

Diese Zusatzangebote würden gerne angenommen, versichert der Geschäftsführer. Die Offerte eines originalen Knastfrühstücks mit schwarzem Kaffee, Schwarzbrot und Marmelade dagegen sei den Buchungen zufolge bisher noch nicht auf Gegenliebe gestoßen: «Die wollen ein richtiges Frühstück und abends auch Bier.» Das Hopfengetränk können die Gäste immerhin in einer rundum vergitterten Bar genießen - ein Service, der den früheren Häftlingen genau so wenig zur Verfügung stand wie nun Zimmerfernsehen, Telefon und Internetanbindung.

Mehr als zwei Millionen Euro haben die beiden Rechtsanwälte Andreas Kirsch und Michael Koll in dem Umbau des Gebäudes gesteckt. Im 19. Jahrhundert hatte es noch als königlich-bayerisches Bezirksgefängnis und am Ende nüchterner als «Justizvollzugsanstalt Kaiserslautern» firmiert. Sieben Angestellte kümmern sich nun um den Service in den 57 Zimmern. 36 davon sind Zellenzimmer und 21 normale Hotelzimmer.

Werner Schäfer hat als Justizvollzugsbeamter lange Jahre in Kaiserslauterns Gefängnis Dienst getan - er führt bei der Eröffnung durch das Gebäude: «Die Treppe hier ist noch im Originalzustand», versichert er und streicht versonnen über das Geländer. Im Erdgeschoss, wo sich jetzt Empfang und Bar befinden, waren die Werkräume. Im Stock darüber lebten die Freigänger und in der zweiten Etage die Untersuchungshäftlinge. Im obersten Stockwerk thronten über allen die rechtskräftig verurteilten Strafgefangenen. Das Mobiliar - also Tisch und Stuhl - sind laut Schäfer authentisch. Es fehlen allerdings heute die zahllosen Graffiti an den Zellenwänden.

Wie reagieren ehemalige Gefangene auf solch eine Idee? «Das dürfte denen egal sein», vermutet Anton Bauer vom Pfälzischen Verein für Straffälligenhilfe in Pirmasens. Wer im Gefängnis gesessen habe, der wolle diese Zeit möglichst schnell abhaken und sich nicht mehr daran erinnern. Bauer war oft in dem Gebäude gewesen. Zwar sei es ein kleines, überschaubares und damit für die Häftlinge vergleichsweise erträgliches Gefängnis gewesen, so erinnert er sich. Aber jedes Mal, wenn er in eine Haftanstalt gehe, überfalle ihn ein Unbehagen, eine Gefühl der Kälte, ein «Gruseln», ergänzt der Mitarbeiter des Vereins für Straffälligenhilfe. Er selbst würde die Nacht nicht in einer solchen Umgebung verbringen wollen.

Die neuen Gäste, ob Manager oder Touristen, zahlen ordentlich dafür, sich einmal hinter Gittern zu wähnen. Ihre Vorgänger legten hingegen auf dieses Ambiente nicht immer gesteigerten Wert. Schäfer erinnert sich an ein markantes Beispiel dafür: Vor rund 14 Jahren stemmten zwei albanische Gefangene in emsiger Arbeit ein Loch in die Wand, seilten sich ganz klassisch mit zusammengeknüpfter Bettwäsche ab und türmten: «Die verschwanden auf Nimmerwiedersehen.»

Weitere Infos (noch im Aufbau): www.hotel-alcatraz.de