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Abschied Abschied: Frankreichs berühmteste Fußball-Glatze sagt «Adieu»

Von Reinhard Schwarz 06.10.2006, 11:22

Frankfurt/Main/dpa. - «Ich beginne jetzt ein neues Leben undmöchte weiterhin viel Spaß haben - aber ohne Fußball», erklärte der35-Jährige am Donnerstagabend im Pariser Fernseh-Studio des SendersTF1. In einer Kolumne der Sportzeitung «L'Équipe» (Freitagausgabe)schrieb Barthez: «Ich gehe ohne Bedauern und Bitternis. Dazu habe ichkein Recht, denn ich war immer ein Privilegierter».

Das am 9. Juli im Elfmeterschießen gegen Italien verlorene WM-Finale war das letzte seiner 87 Länderspiele für die «Équipetricolore». Die Meriten des charismatischen Keepers, der zu denschillerndsten Figuren auf dem Fußballfeld gehörte, sind einmalig imfranzösischen Fußball und werden auch von den Ikonen Michel Platiniund Zinédine Zidane nicht erreicht. 1998 wurde er Weltmeister, 2000Europameister, 2003 gewann er den Confederation Cup.

Mit Olympique Marseille, für das er 180 Ligaspiele bestritt, holteer 1993 als bisher einzigem französischen Team den Europacup derLandesmeister. Mit dem AS Monaco wurde er ebenso zwei Mal Meister(1997 und 2000) wie mit Manchester United (2001 und 2003), für das«Fabulous Fab» 139 Spiele in der englischen Premier Leagueabsolvierte. Mit 17 Einsätzen bei drei Weltmeisterschaften(1998/2002/2006) ist er Frankreichs WM-Rekordspieler.

Pflegeleicht war der exzentrische Torwart mit starken Reflexen aufder Linie und Schwächen beim Herauslaufen nie. So hatte der Mann, dereinst zu therapeutischen Zwecken mit Delfinen schwamm, durchaus auchseine schwarzen Seiten. Im Mai 2005 wurde Barthez für sechs Monategesperrt, weil er in einem Freundschaftsspiel gegen Casablanca denmarokkanischen Schiedsrichter angespuckt hatte. Barthez' Erklärung:«Solche Dinge passieren jeden Tag auf den Straßen. Wenn du beleidigtwirst, flippst du eben aus.»

Für Frankreichs Nationalcoach Raymond Domenech alles keine Gründe,bei der WM auf das Enfant Terrible zu verzichten und ihn gegenerhebliche Widerstände dem Saisonbesten Keeper Grégory Coupetvorzuziehen. Marseille war vor der WM seine letzte Station vor derWM. Danach blieben Angebote aus. Sein Traum, seine Karriere beiseinem Heimatclub FC Toulouse zu beenden, für den er am 21. September1991 (1:0 in Nancy) sein erstes Profispiel bestritt, erfüllte sichnicht. Der mit ihm befreundete Trainer Elie Baup konnte ihn bei derVereinsführung nicht durchdrücken.

Was kommt danach? «Ich werde mich amüsieren und mich um meinenSohn und meine Familie kümmern», sagte Barthez. Die Atmosphäre derSpiele werde ihm nicht fehlen, «denn ich habe nie Fußball um derAtmosphäre willen gespielt, sondern um zu gewinnen». Als Sohn einesRugby-Spielers liebäugelt Barthez mit einem Angebot, als Fernseh-Kommentator beim nächsten Rugby-Welt-Cup tätig zu werden. Barthez:«Warum nicht? Schließlich bin ich inmitten einer Rugby-Familieaufgewachsen.»