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Wintersport Skispringerin nackt vor Arzt: „Fühlte sich eklig an“

Beim sogenannten Bodyscan werden Skispringerinnen und Skispringer alljährlich vermessen. Eine US-Athletin wundert sich über einen veränderten Ablauf. Der Weltverband reagiert auf die Kritik.

Von Patrick Reichardt, dpa Aktualisiert: 21.08.2025, 13:09
Kritisiert die Kontrolle durch den Arzt: Paige Jones.
Kritisiert die Kontrolle durch den Arzt: Paige Jones. Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Courchevel - Mit grauem Hoodie und großen schwarzen Kopfhörern sitzt Paige Jones in einer Küche und erzählt von ihren Erlebnissen. Die bisher eher unbekannte US-Skispringerin beschreibt sachlich und spricht in ruhigem Ton - doch der Inhalt ihrer Schilderungen sorgt für Aufsehen und beim Ski-Weltverband Fis schon jetzt für Konsequenzen.

Jones (22) erzählt im Podcast „Good Game with Sarah Spain“, wie sie in Courchevel zur routinemäßigen Untersuchung und Körpervermessung antrat. Zwei Details waren diesmal anders als sonst: Ein Mann statt wie bisher eine Frau untersuchte die Amerikanerin. Und Jones musste sich - wie auch die anderen Skispringerinnen - komplett und nicht wie in den Jahren zuvor nur bis auf die Unterwäsche entkleiden.

Weltverband reagiert

„Der Arzt sagte, er arbeite in einem Teilbereich der Gynäkologie, aber wir mussten uns vor diesem männlichen Arzt quasi nackt ausziehen“, beschrieb die 22-Jährige. Zwar habe die Fis den Athletinnen ermöglicht, die Untersuchung zu verweigern - doch nicht ohne Konsequenzen. „Dann könnt ihr nicht am Wettkampf teilnehmen“, hieß es laut Jones in dieser Situation, die Skispringerin nannte dies „eine Illusion von Entscheidungsfreiheit“.

Die Fis bedauerte die Unannehmlichkeiten und kündigte an, das Prozedere verändern zu wollen. „Die Fis erkennt dieses konstruktive Feedback an und verpflichtet sich hiermit, weiblichen Athleten künftig die Möglichkeit zu bieten, sich von einer Ärztin untersuchen zu lassen“, hieß es schriftlich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. 

Man verstehe, „dass die Anwesenheit eines männlichen Arztes von weiblichen Athleten als unangenehm empfunden werden kann“. Was die Fis unangenehm nennt, beschrieb Jones drastischer. „Es hat sich so eklig und falsch angefühlt, dass ich zu einer erwachsenen Person, der ich vertraue, gehen und es den Leuten da draußen einfach erzählen musste“, sagte die Sportlerin - sie öffnete sich deshalb Sportreporterin Sarah Spain in dem Podcast.

Bodyscan als Grundlage für Anzüge

Der 3D-Bodyscan wurde im Sommer 2023 als zusätzliche Kontrollmaßnahme gegen mögliche Manipulationen eingeführt. Der Scan und die davor durchgeführte Untersuchung dienen als Grundlage für die Anzüge, die die Sportlerinnen und Sportler im kommenden Winter sowie beim Sommer-Grand-Prix tragen dürfen. Das ist nach dem Anzug-Skandal bei der Nordischen Ski-WM in Trondheim in diesem März aktuell ein besonders heikles Thema.

Weil es auch bei dem Prozedere laut Fis-Angaben immer wieder Betrugsversuche wie „das Ankleben prothesenähnlicher Teile“ gegeben hatte, entwickelte der Weltverband die Untersuchung weiter. 

Bei dieser hatten sich Athletinnen und Athleten nun für eine kurze Zeit komplett auszuziehen, wie Jones schilderte. „Sobald er sagte, dass alles in Ordnung sei, zogen wir unsere Unterwäsche wieder an und ließen den 3D-Körperscan durchführen“, sagte die Sportlerin.

Bundestrainer: Kein Thema in unserem Team

Die deutschen Skispringerinnen haben vor dem Start des Sommer-Grand-Prix in Frankreich dasselbe Prozedere durchlaufen, den Vorgang aber offensichtlich komplett anders empfunden. „Da war ein Schweizer Arzt, der hat das beim Bodyscan ganz toll erklärt. Er hat das bei den Athletinnen mit Anstand und Respekt gemacht. Das war in unserem Team überhaupt kein Thema“, sagte Bundestrainer Heinz Kuttin der dpa.

Der US-Sport ist für das Thema besonders sensibilisiert, weil man nach dem Fall Larry Nassar „Ärzten grundsätzlich misstraut“, wie Jones ausführte. Der US-Sportarzt hatte über 250 Frauen und Mädchen sexuell missbraucht, darunter auch die mehrfache Olympiasiegerin Simone Biles. Lange kam er damit davon - erst 2018 wurde er vor Gericht mit Strafen von insgesamt bis zu 175 Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Fis zeigte Verständnis für das Unbehagen der Sportlerin. Der Weltverband setze sich für fairen Wettkampf und gegen Betrug und Manipulation ein. „Dabei achten wir stets auf die Sicherheit und das Wohlbefinden der Athleten. Dies ist nicht verhandelbar“, hieß es von der Fis.