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Acht Monate nach Rücktritt Frei im Kopf: Das glanzvolle Comeback von Turnerin Jauch

2023 turnt Meolie Jauch bei der WM. Dann tritt sie mit 17 Jahren wegen mentaler Probleme zurück - und bringt ungewollt den Turnskandal von Stuttgart ins Rollen. Jetzt gelingt eine glanzvolle Rückkehr.

Von Martin Kloth, dpa 03.08.2025, 12:40
Meolie Jauch präsentiert stolz ihre Goldmedaille.
Meolie Jauch präsentiert stolz ihre Goldmedaille. Hendrik Schmidt/dpa

Dresden - Meolie Jauch klatschte in die Hände, lächelte glückselig und umarmte ihre Trainerin: Befreit vom alten Drill ist die 18-Jährige acht Monate nach ihrem Rücktritt glanzvoll als deutsche Meisterin am Stufenbarren auf die Turnbühne zurückgekehrt. „Es ist so surreal. Ich bin überwältigt, was mein Trainerteam und ich geschafft haben im letzten halben Jahr“, sagte die frühere Auswahlturnerin mit der Goldmedaille von Dresden um ihren Hals.

Die Geschichte hinter ihrem Comeback ist eine besondere. Mit 16 Jahren feiert Meolie Jauch 2023 in Antwerpen ihr Weltmeisterschafts-Debüt. Ein Kreuzbandriss im folgenden Olympia-Jahr bremste sie aus. Ihr überraschender Rücktritt im Dezember hatte dann aber andere Gründe. „Ich höre auf meine innere Stimme und beende den Spitzensport. Nicht, weil ich nicht mehr kämpfen will, nicht, weil mein Körper nicht mehr kann – sondern weil es mental nicht mehr geht“, schrieb sie damals auf Instagram.

Jauch und der Turnskandal von Stuttgart

Mit diesem Post löste sie ungewollt den Turnskandal von Stuttgart aus. Denn kurz darauf gingen ehemalige Spitzenturnerinnen des dortigen Kunst-Turn-Forums mit Missbrauchsvorwürfen an die Öffentlichkeit. Sie prangerten unter anderem „systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch“ sowie katastrophale Umstände an. Zwei Übungsleiter wurden in der Folge freigestellt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt, der Deutsche Turner-Bund (DTB) und der Schwäbische Turnerbund (STB) wollen die Missstände aufklären.

Wenn Meolie Jauch darauf angesprochen wird, was sie mit der Begründung für ihren Rücktritt ausgelöst hat, wirkt sie etwas unangenehm berührt. Ob sie gedacht habe, dass es diese Folgen haben würde? „Ähm, ja, also, nee, habe ich nicht gedacht. Mehr möchte ich jetzt auch nicht sagen“, erklärte sie.

Der Wandel

Viel lieber spricht die Stufenbarren-Meisterin über ihren Wandel von einer gefühlt unfreien Turnerin hin zu einer mündigen Sportlerin mit selbstbestimmtem Tagesablauf. Mit ihrem Rücktritt löste sie sich vom MTV Stuttgart und schloss sich kurz darauf der TS NeckarGym Nürtingen an. Dort wird sie nun von ihrer Stuttgarter Trainerin aus Kindertagen, Ghazal Seilsepour, betreut. „Wir hatten die ganzen Jahre über eine Bindung. Dass wir jetzt sportlich zusammengefunden haben, ist eine absolute Herzenssache“, sagte die Trainerin.

Sie lässt ihrem Schützling alle Freiheiten. Früher, berichtete Meolie Jauch, habe sie zehnmal pro Woche in der Trainingshalle gestanden, jetzt nur noch maximal viermal. Dass weniger mehr sei, beweise diese Goldmedaille, sagte sie. „Das zeigt mir: Das Mindset ist so wichtig, man muss sich nicht zu Tode trainieren und dann mit Schmerzen im Wettkampf antreten. Es geht auch nachhaltig“, betonte sie. 

Was ist mit den Weltmeisterschaften?

Sie gehe mit Freunden aus, sei vor den deutschen Meisterschaften im Urlaub gewesen, betreibe Crossfit und startete bei der RTL-Show „Ninja Warrior“. „Ich habe so ein bisschen das nachholen wollen, was ich in den letzten Jahren verpasst habe. Und das mit dem Leistungssport zu kombinieren, ist krass, dass es trotzdem geht“, sagte Meolie Jauch.

In Dresden zeigte sie fast die gleiche Übung wie bei der WM 2023. Damit ist sie auch wieder ins Blickfeld von Bundestrainer Gerben Wiersma gerückt. Obwohl die Abiturientin keinem Kader mehr angehört, sei eine Einladung zur Qualifikation für die WM im Oktober in Jakarta etwas, „was man bedenken sollte“, sagte der Niederländer. Meolie Jauch selbst lässt sich eine Rückkehr auch auf die internationale Turnbühne offen. „Ich lasse es auf mich zukommen und lebe jetzt einfach. Ich würde Schmunzeln und mal überlegen. Ich sage niemals nie.“