Siebenkampf in Peking Siebenkampf in Peking: Carolin Schäfer wird von der Erinnerung eingeholt

Peking/Halle (Saale) - Irgendwann versagten während des Weitsprungs die Nerven. In der fünften Disziplin des Siebenkampfs brachte Carolin Schäfer keinen gültigen Versuch auf den Balken, trat dreimal über. Das Aus für die Medaillenkandidatin, die mit der zweitbesten Leistung weltweit nach Peking gereist war. 6547 Punkte hatte sie beim Meeting in Götzis Ende Mai erreicht, 6500 Zähler plus X waren jetzt ihr WM-Ziel.
Im tiefen Jammertal suchte Schäfer dann unter Tränen nach Ursachen für das Scheitern und gestand in der ARD: „Das alles hat persönliche Gründe. Ich habe mich noch nie so einsam gefühlt in so einem großen Stadion.“
Und was sie vor allem meinte: Die traurigen Gedanken an ihren verstorbenen Freund Dennis Hefter hatten sie bis zu diesem Zeitpunkt wacker durch die Saison getragen. Hefter, Volleyballer beim CV Mitteldeutschland in Spergau, hatte am späten Abend des 23. Februar am Haltepunkt Leuna-Werke Nord in Eile die Bahngleise überquert, anstatt den Fußgängertunnel zu benutzen. Dabei war er von einem Zug erfasst und überrollt worden.
Diese schreckliche Geschichte kam nun wieder hoch. „Was mich mit meinem Partner verbunden hat, ist das Stadion. Das ist mir hier noch mal richtig bewusst geworden“, sagte die 23-jährige Schäfer mit zittriger Stimme. Vor dem Weitsprung lag sie als beste Deutsche auf Rang neun.
Angesichts des Dramas rückte das Geschehen um die anderen deutschen Starterinnen ein wenig in den Hintergrund. Claudia Rath verbesserte sich durch einen starken 800-Meter-Lauf zum Abschluss noch von Rang zehn auf Platz fünf mit 6?441 Punkten. „Ich bin sehr zufrieden“, meinte die Frankfurterin. „Ich habe zwar keine persönliche Bestleistung geschafft, aber die gute Platzierung macht das mehr als wett.“
Die Wahl-Hallenserin Jennifer Oeser (31) wurde nach ihrer Babypause Zehnte. Sohn Jakob war ja erst im Oktober 2014 zur Welt gekommen. Mit 6?308 Zählern schaffte die Vizeweltmeisterin von 2009 nun sogar eine Saisonbestleistung - und erfüllte die Vorgabe ihres Trainers fast auf den Punkt: „Wenn sie 6?300 Punkte erreicht, wäre das prima“, hatte Wolfgang Kühne schon beim letzten Training in Halle vor der WM die Erwartungen nicht allzu hoch gehängt.
Eine junge Mutter wurde unterdessen die beste Mehrkämpferin der Welt. Ein Jahr nach der Geburt von Sohn Reggie setzte sich die 29-jährige Jessica Ennis-Hill aus Großbritannien mit 6?669 Punkten vor der Favoritin Brianne Theisen-Eaton (6?554) aus Kanada durch. „Das ist definitiv einer der größten Momente meiner Karriere“, sagte Ennis-Hill, die Olympiasiegerin von 2012. (mz/cka)
