1. MZ.de
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Rudern: Rudern: Starker Wille kompensiert lange Pause

Rudern Rudern: Starker Wille kompensiert lange Pause

Von Petra Szag 23.08.2013, 21:34
Ungewohnt: Ruder-Champion Georg Teichmann als Zuschauer auf dem Bootssteg an der Saale
Ungewohnt: Ruder-Champion Georg Teichmann als Zuschauer auf dem Bootssteg an der Saale Schulz Lizenz

HAlle/MZ - Mit dem Rausch der Geschwindigkeiten ist das so eine Sache. Manch einer, der ihm einmal erlegen war, so sagt man, verfällt ihm immer wieder. Bei Georg Teichmann jedenfalls scheint das so. Dem 17-Jährigen kann es nicht schnell genug gehen. Auf dem Wasser. Und auch auf dem Land. Deshalb nutzt das Ruder-Talent vom HRV Böllberg/Nelson die Gunst der Stunde und macht die Fahrerlaubnis. Denn nach der WM hat Trainer Frank Köhler dem Junior frei gegeben. Bei der Bestenermittlung in Tarkai in Litauen hat Teichmann allen das Heck gezeigt. Die kurze Auszeit muss jetzt sein, sagt der Coach. „Die haben sich Georg und seine drei Trainingsgefährten verdient.“

Hinter ihnen liegen vier Wochen knüppelharter Extra-Einheiten mit der Junioren-Nationalmannschaft in Berlin-Grünau und noch einmal zwei in Litauen. Der Einsatz hat sich aber gelohnt. Nun ist Georg Teichmann in der U 19 ein Champion. Und sein Trainingspartner Hannes Redenius saß auch mit in dem deutschen Doppelvierer. Die Hallenserin Christiane Estel wurde beim Saisonhöhepunkt des Nachwuchses im Vierer ohne Steuerfrau Dritte und Nicolas Schlüter Siebter im Einer.

Chancen nun auch für Elite

Vier Starter, drei Medaillen - „darauf sind wir mächtig stolz, in den letzten Jahren hatten wir nie so viele Eisen im Feuer“, sagt Köhler. „Wer sich in dieser Altersklasse für die WM qualifiziert und dann sogar noch vorn mit einkommt, der hat berechtigte Chancen, mal oben anzukommen“, sagt Köhler und sieht in Ansätzen Parallelen zu Halles einstigen Rudergrößen wie Thomas Lange oder Andreas Hajek. Auch die hatten ihre ersten Meriten bei Juniorenweltmeisterschaften geholt. Ja, sie schlugen danach sogar gleich in ihrem ersten Männer-Jahr so richtig ein - eine U 23 gab es da nicht. „So etwas ist heute kaum noch möglich, die Bedingungen, unter denen heute trainiert wird, sind ganz andere“, warnt Köhler vor zu hohen Erwartungen an den nunmehr Ex-Junior.

Was die früheren Haudegen neben ihren exzellenten Ruder-Qualitäten noch auszeichnete: Persönlichkeit. Auch in dieser Entwicklung sieht Köhler Teichmann auf einem guten Weg. Denn vor der WM-Qualifikation hatten ihm Probleme mit den Weisheitszähnen an die zehn Wochen Training gekostet, das sind 1 500 nicht geruderte Kilometer. „Er hat sich trotzdem durchgebissen“, lobt Köhler. Ein spezieller Trainingsplan, an dem der pensionierte frühere Bundestrainer Lothar Trawiel mitgearbeitet hat, half dabei.

Daumendrücken für Julia Lier

Was Köhler noch an seinem Schützling schätzt: „Er ist mein Verbindungsglied zu den anderen im Boot. Was ich ihm sage, setzt er mit den Jungs hervorragend um.“ Die Medaille, die ihm im Vorjahr mit WM-Platz sieben noch versagt blieb, wollte Teichmann unbedingt. Dass es nun sogar der Titel ist, verdankt er also auch seinem unbändigen Willen. Und den holt er sich aus seiner unbändigen Lust auf diesen Sport, den schon sein Vater und die Großmutter sehr erfolgreich ausgeübt hatten.

So ganz ohne Wasser geht es deshalb auch in der Auszeit nicht. Und deshalb endet Teichmanns Fahrschule nicht ganz zufällig am Bootshaus. „Dem Trainer ,Hallo’ sagen“, meint der Hallenser feixend. Bei der Gelegenheit kann er gleich mal nach Neuigkeiten über Julia Lier fragen. Die zweifache U-19-Weltmeisterin ist gerade - wie auch HRV-Ruderer Philipp Naruhn - bei der WM der Elite in Südkorea. Beide kennen sich aus dem Training, werden ab September in einer Gruppe sein. „Übers Internet werde ich ihre Rennen verfolgen“, sagt Teichmann. „Es gibt sicher noch einiges, was ich mir abgucken kann.“