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Leere Ränge RB Leipzig: Warum es so schwer fällt, die Europa League zu lieben

Von Ullrich Kroemer 08.03.2018, 08:00
Mit leeren Rängen in der Europa League hat nicht nur RB Leipzig zu kämpfen: Der Wettbewerb hat unter den Fans keinen hohen Stellenwert.
Mit leeren Rängen in der Europa League hat nicht nur RB Leipzig zu kämpfen: Der Wettbewerb hat unter den Fans keinen hohen Stellenwert. imago sportfotodienst

Leipzig - Mythos Europapokal? In der Fanszene von RB Leipzig mutierte die Vorfreude auf das Achtelfinal-Hinspiel in der Europa League (EL) gegen Zenit St. Petersburg (Do., 21.05 Uhr im Liveticker) zu Galgenhumor.

Weil das Stadion wohl nur etwa zur Hälfte gefüllt sein wird, griffen die Anhänger der Leipziger Spott und Häme vor und flüchteten sich in Selbstironie. Unter dem Hashtag #leeresStadiongesänge veröffentlichten die Anhänger Chants, die man auch allein im weiten Rund singen kann: „Ohne mich, ist hier gar nichts los”, schrieb einer. Oder: „Ich bin der zwölfte Mann, auf mich allein kommts an!” Und: „Keiner geht mehr, keiner geht mehr rein.”

Das hatten sich Fans und Angestellte von RB vor der ersten Europapokalsaison eines Leipziger Teams seit 29 Jahren anders vorgestellt. Doch die Europa League ist nicht nur in Leipzig, sondern auch an anderen Bundesliga-Standorten und vielmehr europaweit ein Wettbewerb zweiter Klasse.

Die Europa League ist nur selten ein Zuschauermagnet

Bei Hertha BSC kamen in dieser Saison gerade 21.625 Fans im Schnitt ins Olympiastadion; bei der TSG Hoffenheim waren es nur 14.901 durchschnittlich. Einzig Bundesliga-Schlusslicht 1. FC Köln bildete mit 45.565 Zuschauern im Mittel eine Ausnahme – europaweit der beste Wert aller 48 Teams in der Gruppenphase dieser Saison.

Gut ausgelastet waren die Stadien in den vergangenen Jahren meist nur bei den großen Traditionsklubs wie Tottenham, Manchester United, Liverpool, Schalke, Mönchengladbach oder auch den türkischen, niederländischen und portugiesischen Großklubs. Sonst herrscht viel Leere auf den Rängen. Der Schnitt aller Partien der letzten Jahre liegt zwischen 16.800 und 22.000.

Die Gründe für das mangelnde Zuschauerinteresse sind vielschichtig. Für viele auswärtige RB-Fans, die an den Wochenende auch mit Kindern ins Stadion kommen, sind die Anstoßzeiten (21.05 Uhr) unter der Woche zu spät. Das Überangebot im Takt vieler englischer Wochen überfordert Anhänger, die nicht zum harten Kern der Fanszene zählen. Und natürlich ist auch die fehlende Attraktivität des Wettbewerbs Euro League ausschlaggebend, der sich zu so etwas wie der ungeliebten Stiefschwester der glanzvollen Champions League entwickelt hat.

Auch finanziell ist die Europa League nicht mit der Champions League zu vergleichen

Dazu trägt auch bei, dass die Klubs selbst dem Wettbewerb wenig Stellenwert beimessen. Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick war ob der Qualifikation zur Euro League wenig begeistert. Der Bild-Zeitung sagte er vor der Winterpause: „Wenn du aus der Euro League für den Verein was mitnehmen willst, musst du sie fast schon gewinnen. Dann würdest du ab jetzt noch neun Spiele absolvieren müssen und hast fast nur noch englische Wochen.“ Bei RB rechneten intern viele mit einem Ausscheiden gegen Neapel.

Angesichts der finanziellen und sportlichen Attraktivität, die eine erneute Qualifikation für die Champions League besäße, kann man es Klub und Fans kaum verübeln, wenn sie sich eher auf die Bundesliga konzentrieren.

Zum Vergleich: In dieser Saison fließen 1,32 Milliarden Euro an die Klubs in der Champions League; die Europa-League-Teilnehmer müssen knapp 400 Millionen unter sich aufteilen. Allein die Startprämie in der Champions League beträgt 12,7 Millionen Euro; in der Euro League bekommt RB für den Einzug ins Achtelfinale 750.000 Euro.

RB Leipzig will die Europa League ernst nehmen

Gleichwohl betonte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, unlängst, wie wichtig die Euro League für die Fünfjahres-Wertung der UEFA und damit verbunden für die Anzahl der europäischen Startplätze in der Bundesliga sei. „Wir müssen die Europa League ernster nehmen“, mahnte Seifert und forderte ein „klares Bekenntnis zur Europa League”.

Der Forderung schloss sich RB umgehend an. Klubboss Oliver Mintzlaff sagte nach dem 1:1 gegen Dortmund, die Euro League sei keinesfalls ein Wettbewerb „nur für zwischendurch”. RB wolle „diesen Wettbewerb ernst nehmen, ansonsten bräuchte der Trainer ja nicht mehr die A-Mannschaft aufstellen”, so Mintzlaff. „Wir haben eine große Motivation weiterzukommen. Abzuwägen und zu sagen, die Euro League ist nicht so wichtig wie die Qualifikation für die Champions League, ist keine Einstellung, die man als Sportler haben sollte.”

Europa League: Ein neues Verteilungssystem soll mehr Attraktivität bringen

So wollen sie beim Red-Bull-Klub nun das Kunststück schaffen, international weit zu kommen und die Qualifikation für die Champions League zu erreichen. „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir international noch ein paar Runden schaffen würden, und in der Liga zwei Plätze gutzumachen, wäre auch okay”, gab Trainer Ralph Hasenhüttl vor.

Übrigens: Um den Wettbewerb aufzuwerten, beschloss die Uefa jüngst ein neues Verteilungssystem, durch das sich auch die Prämien für die EL „signifikant verbessern” werden. Zudem ist der EL-Sieger ab der kommenden Saison direkt für die Gruppenphase der Champions League gesetzt – auch ein Weg zur Qualifikation für die „Königsklasse”. Vielleicht freunden sie sich in Leipzig ja doch noch mit der Europa League an. (mz)