Neue Uefa-Berechnungen RB Leipzig: Droht RBL ein Verstoß gegen das Financial Fairplay?

Leipzig - In genau einer Woche steigt beim Heimspiel gegen den AS Monaco (Mi., 20.45 Uhr) die Premiere von RB Leipzig in der Champions League. Dass der deutsche Vize-Meister in der europäischen „Königsklasse” mitspielen darf, hatte die Uefa nach Prüfung der Integritätsregeln des Wettbewerbs am 20. Juni öffentlich bestätigt. Noch unklar hingegen ist, ob RB Leipzig auch die Financial-Fairplay (FFP)-Regularien erfüllt.
Zwar beteuern sie bei Rasenballsport immer wieder, sich an alle Regeln zu halten. Doch wie die Sport-Bild in der aktuellen Ausgabe vermeldet, erkenne die Uefa „nach intensiver Prüfung” nur 50 Prozent der angegebenen Sponsorengelder als Fair Value – also reguläre Einnahmen im Sinne des FFP – an.
RB Leipzig: Hat Red Bull die Jahresbilanzen glattgezogen?
Hintergrund: Investoren und Sponsoren dürfen nur marktübliche Zuwendungen zahlen, um den Wettbewerb nicht durch beliebig hohe Summen zu verzerren. Den sogenannten Media Value eines Vereins prüft die Agentur Nielsen im Auftrag der Uefa.
Zwar ist die genaue Höhe der Sponsoringzahlungen von Red Bull an RB Leipzig nicht bekannt. Doch laut Schätzungen eines Experten, der selbst jahrelang die Geschäfte eines Fußball-Bundesligisten geführt hat, habe sich der Getränkegigant aus Österreich das Hauptsponsoring bei Rasenballsport bereits in der 2. Liga etwa 50 Millionen Euro kosten lassen – ein Vielfaches dessen, was selbst bei den finanzstärksten Zweitligisten üblich ist; die Berechnungen beruhen auf den Mittelwerten des DFL-Reports 2016 und liegen der MZ vor.
Die 2016/17 geflossene Summe dürfte noch deutlich höher sein. Sprich: Durch überhöhte Sponsoring-Zahlungen könnte Red Bull negative Jahresbilanzen von RBL glattgezogen haben.
Verstößt RB Leipzig gegen die Break-Even-Regelung der Uefa?
Falls die Uefa nun tatsächlich große Teile des Red-Bull-Sponsorings nicht anerkennt, könnte laut Fußball-Finanzexperte Ludwig Hierl, Buchautor zum Thema, durchaus ein Minus entstehen, das „die zulässige Verlustobergrenze von 42,5 Millionen Euro für den dreijährigen Bewertungszeitraum übersteigt“.
Ein möglicher Verstoß gegen die sogenannte Break-Even-Regelung. Die schreibt vor, dass ein Klub in einem Dreijahres-Zeitraum höchstens 10 bis 15 Millionen Euro pro Jahr mehr ausgeben darf, als er eingenommen hat, wenn der Investor die Summe deckt. Liegen die Zuschüsse der Geldgeber darüber, liegt ein Verstoß vor.
RB Leipzig: Mögliche Sanktionen greifen erst am Saisonende
Nichteinhaltung des Reglements hat nicht automatisch einen Ausschluss zur Folge, doch es werden keine Ausnahmen gewährt. Aufgrund verschiedener Faktoren (z.B. Trend des Break-even-Ergebnisses) können unterschiedliche Disziplinarmaßnahmen gegen einen Klub verhängt werden. Es besteht folgender Maßnahmenkatalog:
a) Ermahnung;
b) Verweis;
c) Geldstrafe;
d) Punktabzug;
e) Einbehaltung von Einnahmen aus einem Uefa-Wettbewerb;
f) Verbot der Meldung von neuen Spielern für Uefa-Wettbewerbe;
g) Beschränkung der Anzahl der Spieler, die ein Verein zur Teilnahme an
Uefa-Wettbewerben registrieren darf, einschließlich einer Beschränkung der Gesamt-Personalausgaben für in der Liste A von Uefa-Klubwettbewerben
eingetragene Spieler;
h) Ausschluss aus dem laufenden und/oder künftigen Wettbewerben;
i) Widerruf von Titeln oder Auszeichnungen.
Zusätzlich hat die FKKK in zahlreichen Fällen entschieden, dass die Ziele des FFP besser durch Rehabilitierungsansätze anstelle von Strafen erreicht werden können. Dies hat zu dem Abschluss von Vergleichsunterzeichnungen zwischen einem Klub und der FKKK geführt, in denen finanzielle Zahlungen mit zahlreichen Restriktionen verbunden wurden, die darauf abzielen, den Verein in naher Zukunft an die Break-even-Vorschriften heranzuführen. Weitere Details dazu finden Sie hier unter den Punkten 11. bis 16.
Quelle: Uefa
Bei RB Leipzig kennen sie die Zahlen, die Nielsen bewertet hat, nicht aber die neue Einschätzung der Uefa. Eine Bestätigung konnte der Klub dementsprechend nicht geben. Doch aus dem Verein heißt es, dass man der Prüfung entspannt entgegensehe; dass die Nielsen-Zahlen von der Uefa reduziert würden, sei bei anderen Klubs auch so. Ob die Reduzierung des Media Value nun tatsächlich ein Problem für RB werden könnte und Sanktionen und/oder Auflagen zur Folge hätte, stellt sich erst zum Saisonende heraus.
Auf MZ-Anfrage hatte der europäische Fußballverband mitgeteilt, dass Klubs, die erstmals an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen, Mitte Juli ihre Unterlagen zur Prüfung bei der Finanzkontrollkammer (FKKK) des Verbandes einreichen mussten. Dort wird dann die gesamte Saison hinweg geprüft, „weitere Informationen, Klarstellungen und Compliance-Untersuchungen” können angefragt werden.
„Sollte ein Klub nicht die FFP-Regularien erfüllen, würde die Finanzkontrollkammer eine Entscheidung bis zum Ende der Saison treffen (Mai/Juni)”, heißt es. Mögliche sportliche Sanktionen würden dann für die nächste Spielzeit oder die nächste Saison, in der sich der Klub qualifiziert, verhängt. Auf eine aktuelle Anfrage der MZ zur Anerkennung der Zahlungen von Red Bull antworteten Europas Fußball-Regelhüter bislang nicht.
Uefa-Präsident Ceferin will hart gegen Verstöße vorgehen
Der neue Uefa-Präsident Aleksander Ceferin gibt sich in der Sport-Bild als Hardliner in Sachen FFP – auch mit Blick auf die gewaltigen Summen, die Paris St. Germain für Neymar und Kylian Mbappé bewegt. „Wenn die Klubs nichts gelernt haben, werden wir sie lehren. Ich meine es sehr ernst. Wenn die Hilfestellungen nichts nützen, werden wir bestrafen. Und zwar hart. Sonst wären wir ein zahnloser Tiger“, sagt der Slowene.
Um nicht gegen das FFP zu verstoßen, gab RBL in dieser Saison nicht mehr als 40 Millionen Euro an Transfergeldern aus und beschränkte seine Gehälter auf maximal 4,5 Millionen Euro. (mz)