Marcel Sabitzer Marcel Sabitzer von RB Leipzig weckt Begehrlichkeiten

Leipzig - Wenn RB Leipzig am Freitagabend den FC Augsburg empfängt, dann ist das natürlich auch ein Spiel für die Statistik. Obgleich das in Verbindung mit dem Aufsteiger keine große Herausforderung ist. Es sind ja erst fünf Partien in der ersten Liga gespielt, und jetzt gibt es eben das sechste. Das ist so schnell vermerkt wie die Zahl drei für drittes Heimspiel der Saison.
Aber so wenig RB die wahren Zahlensammler reizen dürften, man kann nie früh genug damit anfangen. Denn so wird man immerhin eines Tages sagen können, man sei von den ersten Ziffern an dabei gewesen.
Genau aus diesem Grund lohnt es sich auch die Zahlen von Marcel Sabitzer zu notieren. Sabitzer gegen Augsburg: Spiel sechs seiner Bundesliga-Karriere. Und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nach wieder von Beginn an, was allein schon ein beachtlicher Wert ist. Denn sechs Partien von der ersten Minute an, das hat unter RB-Trainer Ralph Hasenhüttl in der Offensive kein anderer geschafft.
Allrounder in der Offensive
Es wird der Tag kommen, an dem wird der von Red Bull finanzierte Klub nicht mehr nur Spieler kaufen, sondern er wird sie auch ziehen lassen müssen. Und zwar nicht, weil der Kader zu opulent bestückt ist, sondern weil der Spieler anfängt, größer zu werden als der Verein. Und größer als RB Leipzig in seiner momentanen Verfassung, davon gibt es gerade vielleicht nur einen. Und dieser eine, das eben ist Sabitzer, von dem Trainer Ralph Hasenhüttl meint, dass er ganz wunderbare „Allrounder-Fähigkeiten hat. Das hilft mir natürlich dramatisch. Weil er dann in allen möglichen Systemen eine gute Chance hat zu spielen.“
Der 22 Jahre alte österreichische Nationalspieler war in der vergangenen Saison hängende Spitze, jetzt spielt er eine Varianten-Zehn. Sabitzer selbst bezeichnet sich als einen, der gern vorn „herumschleicht“, der Räume sucht, findet, hineinspurtet, sich was ausdenkt. Oder „meinem Mitspieler eine Anspielstation“ ist.
Sabitzer mit der höchsten Packing-Rate
Die Packing-Rate, die deutsche Experten ersonnen haben, hat in der vergangenen Woche diese Schleicherqualitäten mit einer Zahl dekoriert. Packing misst, wie viele Gegner ein Spieler mit einem Pass überwindet. Der Wert betrachtet Passgeber wie Empfänger – und Sabitzer empfing im Spiel gegen den 1. FC Köln Bälle, die es ermöglichten, 64 Gegner in der Summe zu überspielen. Keiner war in dieser Kategorie besser.
Trotzdem hat Hasenhüttl ihn schon vier Mal vom Platz genommen, aber das heißt wenig. Es gibt eben andere, die können besser gegen beinmüde Gegner als gegen frische Spieler. Und beinmüde müssen sie ja erst einmal werden. Und dafür braucht’s eben einen wie Sabitzer. Denn zu der feinen Kunst, sich gewitzt zwischen den Reihen der Kontrahenten zu bewegen, kommt noch eine Handvoll weiterer Attribute, die den 22 Jahre alten Grazer gerade so unentbehrlich machen.
Sabitzer zählt sie selber auf: „Ich gebe immer alles. Bin technisch gut, schnell, habe ein Auge für meine Mitspieler. Und ich kann Tore schießen.“ So wie das Nachspielzeit-2:2 zum Auftakt gegen Hoffenheim. Hasenhüttl ergänzt: „Der Sabi ist ein Spieler, der, egal gegen welchen Gegner, sehr viel Selbstvertrauen mitbringt.“
Es hat schon Menschen gegeben, die haben genau das als Überheblichkeit ausgelegt. Und wenn es etwas gibt, das der möglichen großen Karriere vielleicht mal im Weg gestanden hat, dann war es der Tag, an dem Sabitzer in eine Kamera sagte. „Wenn ich ehrlich bin, ist Leipzig für die Weiterentwicklung nicht in meinem Kopf drinnen.“
Begehrlichkeiten geweckt
Das war vor etwas über einem Jahr, Sabitzer war gerade mit Red Bull Salzburg Meister geworden, war Spieler der Saison, gehörte aber RB Leipzig. Doch die hatten noch keinen Trainer. Und spielten zweite Liga. Der Satz ist mittlerweile Legende. Und er wirft immer noch einen Schatten auf Sabitzers spätere Erklärung, dass er ohne richtigen Trainer Angst hatte, Zeit zu verlieren.
Erst als Rangnick den Job übernahm, war er für den Umzug bereit. Auch wenn das hieß: Aue, Sandhausen, Heidenheim. „Anfangs war das schon eine Umstellung für mich. Ich hatte damals die Möglichkeit, auch höher als zweite Bundesliga zu spielen.“ Es hat eine Weile gedauert, bis auch der Kopf in Leipzig wohnhaft wurde. Es hing ja alles am sofortigen Aufstieg. Einer wie Sabitzer hat keine Zeit zu verlieren. Die Karriere. Das Talent. Die Erwartungen. Denn der Kopf war ja schon lange erstligareif.
Deshalb spielt er gerade auch, als wäre das nicht seine erste Saison in einer der Topligen Europas. Und weil es nicht unwahrscheinlich ist, dass Sabitzer schneller ins Topniveau reift als sein Arbeitgeber, deshalb ist er vielleicht auch alsbald RB-Geschichte. Auch wenn er bis 2021 fest gebunden ist. Als Rangnick voriges Jahr vorzeitig den Vertrag verlängerte, verkündete er die Eile: „Marcel hat aufgrund seiner Leistungen Begehrlichkeiten geweckt.“
