Radsportlegende Radsportlegende: Täve Schur steht zu DDR-Aussagen: "Ich habe nichts zu korrigieren"

Magdeburg - Bei Täve Schur stapeln sich schon Briefe und Zeitungsschnipsel. Trotzdem bringt die Nachbarin immer neue Artikel vorbei, die sie zuvor ausgeschnitten hat. „So viele Leserzuschriften, das nervt mich“, sagt Schur, einst populärster Sportler der DDR. Als Radrennfahrer gewann er die Friedensfahrt, war Weltmeister, holte Olympiamedaillen. Täve, sein Spitzname, ist weit bekannter als sein bürgerlicher Vorname Gustav-Adolf. Gehört so ein Mann nicht in die Hall of Fame, die Ruhmeshalle des deutschen Sports? Seit einem kontroversen Interview zum Doping in der DDR sagen viele Kritiker: nein. Wer Doping und Unrecht ausblende, sei kein Vorbild.
Nun schaltet sich die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt ein. Sie will das Parlament dazu bringen, Schurs Aufnahme in die Hall of Fame zu unterstützen. Es wäre eine symbolische Geste, sie würde die Bemühungen des Landessportbundes stärken. „Für eine Generation ist Täve Schur der erfolgreichste Sportler der DDR“, so Stefan Gebhardt, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken. Zweifellos gehöre Schur in die Hall of Fame, „zumal oft bemängelt wird, dass es dort wenig ostdeutsche Athleten gibt“. Für viele sei er sportliches Vorbild.
Streitbare Aussagen zum DDR-Doping: Kritik an Vorbildrolle
Doch eben diese Vorbildrolle steht für Kritiker in Frage, seit Schur im Neuen Deutschland streitbare Aussagen zum DDR-Doping machte. Den Sport dieser Zeit als kriminell zu bezeichnen, sei „völliger Quatsch“, sagte er. Die sportliche Ausbildung sei „vorzüglich aufgebaut“ gewesen. Zwar kenne er „diese Berichte“ über gedopte minderjährige Sportler. Doch im Gegensatz zum „Westdoping“ sei zu konstatieren: „Wir hatten in der DDR keine Dopingtoten.“ Er stehe weiterhin zu den Aussagen, bekräftigte Schur gegenüber der MZ. Gebhardt ergänzte zudem, es wäre verlogen, wenn Schur nun das DDR-Sportssystem verteufeln würde.
Die Doping-Opfer-Hilfe hatte Schurs Nominierung für die Hall of Fame nach dem Interview als untragbar bezeichnet. Und der ehemalige Radrennfahrer sammelt seitdem zu Hause in Heyrothsberge (Jerichower Land) Briefe. Darin sichern ihm Fans und Freunde Solidarität zu.
Der Landtag ist uneins über die Causa. SPD-Sportexperte Rüdiger Erben sagt, „in unserer Fraktion gibt es unterschiedliche Meinungen“. Er glaube, Schur gehöre in die Ruhmeshalle. „Wenn man ihn aus politischen Gründen nicht hinein nimmt, müsste man andere rausnehmen“ - etwa den früheren Fußball-Nationaltrainer Sepp Herberger, der zuvor Mitglied der NSDAP war. Auf Unverständnis seien Schurs Äußerungen indes bei den Grünen gestoßen, so deren sportpolitischer Sprecher Sebastian Striegel. Bei der Dopingdebatte dürfe nicht ausgeblendet werden, dass Leistungssport eben auch ein Stabilisierungs-Faktor in Diktaturen sei. Hagen Kohl, Vorsitzender des Sport- und Innenausschusses im Landtag sagt, „wenn systematisches Doping ausgeblendet wird, kann ich das nicht tolerieren“.
Sportminister Holger Stahlknecht (CDU) mahnt hingegen, Abgeordnete sollten von dieser Frage die Finger lassen. „Die Meinungsbildung des unabhängigen Gremium des Sports, welches über die Aufnahme zu entscheiden hat, sollte keiner Beeinflussung durch die Politik ausgesetzt werden“, sagt Stahlknecht. (mz)