Olympia 2018 Olympia 2018: Das sind die spektakulärsten Duelle der Winterspiele in Pyeongchang

Pyeongchang - Bei der olympischen Winterspiele in Pyeongchang treten nur die besten im Kampf um die Medaillen an. Diese Duelle werden besonders spannend:
Lindsey Vonn gegen Mikaela Shiffrin
Lindsey Vonn, 33, ist ja inzwischen weitaus mehr als eine begnadete Skirennläuferin, die US-Amerikanerin ist eine globale Marke, welche gepflegt werden muss, am einfachsten mit einem steten, über die sozialen Medien geleiteten Fluss an mehr oder weniger wichtigen Nachrichten. So hat man am Donnerstag über Twitter erfahren, dass sich ihre Anreise von München nach Pyeongchang infolge eines Dokumentationsproblems des Flugzeugs doch arg verkompliziert hatte.
Parallel dazu ließ sie über Facebook wissen, dass sie mit einer besonderen Motivation bei den Winterspielen in Pyeongchang an den Start gehe. Ja, für ihren im November vergangenen Jahres verstorbenen Großvater Don Kildow wolle sie olympisches Gold holen. Für den Mann, der sie lehrte „zu kämpfen, gütig zu sein. Und über allem: schnell Ski zu fahren“. Und jetzt kommt’s: „Ich wünschte, er könnte mich noch sehen, wie ich in Südkorea fahre. Dort, wo er im Krieg war. Ich würde ihn so gerne stolz machen. Ich liebe Dich, Granpa!“
So viel Pathos hat Mikaela Shiffrin, 22, nicht parat. Sie belässt es gern beim Sportlichen, gibt die Demütige, wenn Vergleiche mit ihrer Landsfrau angestellt werden. Was für den Boulevard ein Ärgernis darstellt, weil die Schlagzeilenmacher zwischen den beiden natürlich nur allzu gern einen Zickenkrieg heraufbeschwören möchten. Für die anstehenden Winterspiele hat sich Shiffrin aber dann doch ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt. Im Slalom, im Riesenslalom, in der Kombination, im Super G, ja vielleicht sogar in der Abfahrt will sie mit von der Partie sein, traut sich in jeder Disziplin eine Medaille zu. Und es gibt nicht wenige, die nach den Ergebnissen dieser Saison davon überzeugt sind, dass sie zu drei, vielleicht sogar vier Goldmedaillen fähig ist.
Vonn, die bei der Abfahrt und beim Super G in Pyeongchang zu den Favoritinnen zählt, sagte dazu nur Folgendes: „Es wird immer eine Junge geben, die nachkommt. Ich muss aber auf meine eigenen Rekorde schauen.“ Und auf die eigene Marke.
Johannes Thignes Bö gegen Martin Fourcade
Nach der Jahrtausendwende beherrschte ein packendes Duell die Biathlonszene: Ole-Einar Björndalen aus Norwegen gegen Raphael Poiree aus Frankreich. Faszinierend auf der einen Seite, wahnsinnig frustrierend für alle anderen. Eine Art Remake liefern sich in dieser Saison Johannes Thingnes Bö und Martin Fourcade. Der Deutsche Simon Schempp sagt anerkennend: „Bei beiden läuft vieles zusammen. Sie schießen sicher und schnell, und laufen weit voraus. Ich hoffe, wir kommen noch näher.“ Der erste Verfolger im Gesamtweltcup, der Slowene Jakov Fak, liegt bereits mehr als 300 Punkte zurück. Das ist ein eklatanter Unterschied.
Die Konkurrenz braucht nicht nur selbst einenpolarisiert wie kaum jemand anderes im deutschen Wintersportteam perfekten Tag in der Loipe und unbedingt ein Schießen ohne Fehler, um die beiden gefährden zu können. Sie muss auch hoffen, dass die Dominatoren patzen – am besten mehr als nur einmal.
Der Franzose Fourcade hat sechsmal in Serie den Gesamt-Weltcup gewonnen, er ist Doppel-Olympiasieger und holte 21 WM-Medaillen. Seine Dominanz war in den vergangenen Jahren so erdrückend, dass er bereits nach der letzten Schießeinheit damit begann, sich für einen erneuten Sieg feiern zu lassen. Das kam nicht gut an bei den unterlegenen Rivalen.
Der Norweger Bö kann inzwischen auch schon neun WM-Medaillen vorweisen. Meist musste er aber eben damit klarkommen, dass es eben immer noch einen im Feld gibt, der ihn klar in den Schatten stellt. In dieser Saison ist das anders. Läuferisch ist der Norweger noch stärker als Franzose. Bö sagt: „Wir waren so oft auf dem Podium und haben uns so oft mit Siegen abgewechselt. Bisher war es ein toller Kampf.“ Der nun in Pyeongchang weitergehen wird. Sechsmal treten sie gegeneinander an, viermal in Einzel- und zweimal in Staffelwettbewerbe. Das Duell Fourcade gegen Bö wird also zum Dauerthema.
Richard Freitag gegen Kamil Stoch
Es gehört zum Leben eines Skispringers, dass seine Winterspiele vor der offiziellen Eröffnung beginnen. Südkoreas Staatsoberhaupt Moon Jae In wird an diesem Freitag in Pyeongchang zur Tat schreiten. Richard Freitag durfte schon am Donnerstag ran. In der Qualifikation schaffte es der deutsche Skispringer auf Platz vier. „Großartiger Start für uns“, twitterte er vom Fuße der Schanze zum Foto, auf dem er mit einer knallroten Mütze beide Daumen hochhielt, und die ersten olympischen Schwingungen genoss: „Good to get some first olympic vibes already“.
Damit stehen die Zeichen vielversprechend, dass in Südkorea nachgeholt wird, was bei der Vierschanzentournee neulich ausfallen musste: das ersehnte Duell mit dem Polen Kamil Stoch. Das hatte Freitag Anfang Januar in Innsbruck noch auf den vorletzten Drücker vermasselt, als er bei der Landung so blöd havarierte, dass er die Tournee vorzeitig beenden musste. Stoch, Doppel-Olympiasieger von Sotschi mit dem nachweislich größeren Geschick beim Aufsetzen nach dem Flug, wiederholte nicht nur seinen Vorjahrestriumph, sondern gewann kurzerhand als erst zweiter Athlet der Geschichte alle vier Springen.
Allerdings haben Titelverteidiger und Herausforderer in bemerkenswerter Einigkeit ihre jeweiligen Generalproben daheim versemmelt: Als das skisprungverrückte Polen sich darauf eingeschworen hatte, ihren Kamil beim Weltcup in Zakopane zu feiern, zeigte der Flugmeister, dass auch er mehr Mensch ist als Maschine − Stoch landete mit einem Sprung auf 108,5 Meter auf Platz 38 und schaffte es damit nicht mal in den zweiten Durchgang. Richard Freitag, den die meisten Experten vor der Saison schon als ewiges Talent abgeschrieben hatten, das zu Glückssiegen, aber nicht zu Erfolgsserien in der Lage ist, vermasselte es in Willingen. Zwei Durchgänge zwar, aber mit bescheidenen Weiten, Platz 28, Olympia, oh weh, Gesamtführung im Weltcup ade. Stoch übernahm.
Während Stoch und Freitag also bereit sind, ihr ausgefallenes Vierschanzenduell auf olympischem Grund vorzuführen, drängt sich ein Spielverderber auf: Freitags Landsmann Andreas Wellinger gewann die Qualifikation. Er wäre bereit, mehr zu erledigen, als nur zu sekundieren.
Wallner gegen FES
Österreichischer Familienbetrieb gegen Hochtechnologie aus Deutschland. Was sich anhört wie ein packendes Nationenduell, umschreibt die Materialschlacht im deutschen Bobteam. Als Reaktion auf die Olympischen Spiele in Sotschi, bei denen das Team Deutschland hinterhertuckerte, heizte der Deutsche Bob- und Schlittenverband den Konkurrenzkampf an und ließ unterschiedliche Modelle in Auftrag geben. Zwei unterschiedliche Schlittenschmieden buhlen seitdem um die Gunst der Piloten. Jetzt wird sich zeigen, mit welchem Modell die Deutschen besser fahren.
Johannes Lochner setzt auf Wallner, den Bobhersteller aus Tirol, Nico Walther auf das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) mit Sitz in Berlin, Francesco Friedrich im Zweierbob auf das deutsche, im Viererbob auf das österreichische Modell. „Die FES hat einen Arschtritt gebraucht, aber den haben sie gut genutzt“, sagt Friedrich. Die Auftritte im Olympiawinter zeigen bislang, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Die deutschen Bobs rasten von Sieg zu Sieg. Welcher seiner Athleten am Ende eine Medaille gewinnt, dürfte Bundestrainer René Spies letztlich egal sein. Für ihn zählt nur, dass sich die millionenschweren Investitionen auszahlen. „Wir sind vor vier Jahren ohne Medaille geblieben. Da hast du natürlich den Druck, jetzt etwas gewinnen zu müssen.“
Doch die Erfolge in den Weltcups sind trügerisch. „Viele Nationen werden mit neuen Schlitten nach Sotschi fahren“, weiß Spies. Er glaubt, dass im Zweierbob sechs, im Viererbob sogar zehn Teams um den Sieg mitfahren können. Das Problematische dabei: Viele Konkurrenten setzen ebenfalls auf Schlitten aus der Wallner-Schmiede. Am Ende geht es also nicht nur um das teaminterne Materialduell. Sondern auch um die Frage, ob Deutschland oder eben doch ein anderes Land den besten Wallner in der Garage stehen hat.
Shaun White gegen Ajumu Hirano
Einer der Tricks, den Shaun White erfunden hat, heißt Double McTwist 1260. Der doppelte Überschlag mit dreieinhalb Drehungen hat dem US-Snowboarder 2010 Olympia-Gold in der Halfpipe eingebracht. Vor einem Monat kombinierte er den Trick mit einer weiteren Höchstschwierigkeit, dem Frontside Double Cork 1440. Die Punktrichter waren fassungslos und gaben 100 Punkte. Mehr geht nicht.
Doch wer nun denkt, dass der Superstar, der seinen ersten Profivertrag im Alter von sieben Jahren bekam, bei seinen vierten Olympischen Spielen das dritte Gold schon sicher hat, geht fehl. Denn da ist ein Japaner, der mit 13 Jahren gefragt wurde, ob er der nächste Shaun White werde. Ajumu Hirano tat dem US-Amerikaner damals leid, schließlich kennt White überzogene Erwartungen an Kinder aus eigener Erfahrung. Mit 15 Jahren gewann Hirano in Sotschi dann Silber – vor seinem Idol, der Vierte wurde. Und mit 19 ist der Japaner nun der größte Herausforderer des zwölf Jahre älteren US-Amerikaners. Wer nun wen mehr bewundert, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. „Jetzt hat er zu sich gefunden, als Mensch und Snowboarder. Er bringt den Sport weiter. Bei den X-Games hat er eine faszinierende Kombi gezeigt, an der ich auch arbeite“, würdigt White den Gegner. Hirano stand als erster Snowboarder eine Aneinanderreihung von vierfachen Schrauben und gewann bei dem wichtigsten Extremsportwettkampf in Abwesenheit des erkrankten White mit nicht perfekten, aber sagenhaften 99 Punkten.
In Pyeongchang treffen sie in der Nacht auf Mittwoch (14. Februar) aufeinander. „Ich habe meinen besten Lauf noch nicht gezeigt“, kündigt Shaun White den nächsten großen Leistungssprung an. Dieses Mal sind es die Punktrichter, die etwas erfinden müssen. Eine neue Wertungsskala.
Choi Min Jeong gegen Shim Suk Hee
Die Shuttlebusse zwischen dem Mediendorf und der Shorttrackhalle in Gangneung wurden schon zu Beginn dieser Woche häufig benutzt. Gerade die südkoreanischen Journalisten wollten keinen schnellen Schritt ihrer Landsleute verpassen, die maßgeblich dazu beitragen sollen, dass die Medaillenbeute üppig ausfällt. Das Land dominiert die rasante Sportart zwar seit der Premiere 1992, vor vier Jahren in Sotschi reichte es aber nur zu zwei Medaillen. Quasi als Mahnmal ragt ein Shorttrackschuh als Symbol der Kufenwettbewerbe im olympischen Park von Gangneung in die Höhe.
Besonders ein Duell wird die Zuschauer in den schicken Bau nahe der Pazifikküste locken: Choi Min Jeong gegen Shim Suk Hee. Über die 1 500 Meter lieferten sich die beiden Südkoreanerinnen in dieser Saison bereits packende Duelle. In allen vier Weltcups gewann eine der beiden Frauen. Dreimal standen sie zusammen auf dem Podest.
Choi hat sich in der Szene den Spitznamen „Genie“ erarbeitet. Bei ihrem ersten Weltcup in der Saison 2014/2015 landete sie gleich auf dem zweiten Platz. Bei der anschließenden WM in Moskau holte sie bei jedem Einsatz eine Medaille. In diesem Jahr wird sie erst 20 Jahre alt. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit dürfte sie bei allen vier Starts zu den Goldanwärterinnen zählen.
Shim ist nur ein Jahr älter, hat sich aber bereits den Namen „Queen of Shorttrack“ erworben. Vor vier Jahren in Russland gewann sie bereits drei Medaillen – je einmal Gold, Silber und Bronze. Shim genießt in Gangneung Heimvorteil. Von klein auf stand sie hier auf dem Eis, zog wegen der besseren Trainingsbedingungen dann aber nach Seoul. Dass sie dem Plan, beim Heimspiel erneut Olympiasiegerin zu werden, alles unterordnet, zeigt ihre Telefonnummer. Die letzten vier Ziffern ließ sie in 2018 ändern. Die Chance auf ein wenig internationalen Ruhm wird nie besser sein als in den kommenden zwei Wochen. Die beiden haben bereits angekündigt, dass ihnen vor allem die Staffel am Herzen liegt. Bei der kumulierten Klasse ist Südkorea praktisch unbesiegbar.