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Mannschaftsbetreuer beim Hallescher FC Mannschaftsbetreuer beim Hallescher FC: Norbert Ciornei geht nach 14 Jahren

Von Christoph Karpe 24.07.2015, 20:51
Früher sortierte Norbert Ciornei auch die Trikots der HFC-Spieler.
Früher sortierte Norbert Ciornei auch die Trikots der HFC-Spieler. Schulz Lizenz

Halle (Saale) - Hoffentlich denkt jemand daran, dass sich Ivica Banovic immer, egal bei welchem Wetter, vor einem Spiel mit einer langen Hose warmmacht. Oder, dass Sören Bertram abgeschnittene Stutzen mag. Und dass, wenn die Spieler aus dem Hotel ins Stadion kommen, die Umkleide komplett eingeräumt ist. Zwei verschieden farbige Trikot-Sätze müssen eingepackt, der Kasten Radler für die Rückfahrt im Bus besorgt sein.

Norbert Ciornei sitzt dieser Tage oft daheim auf der Couch und schaut Tour de France. Er ist Fan. Ihn fasziniert, wie die Radprofis die mörderisch steilen Alpenberge hinaufstrampeln. Und dennoch schweifen die Gedanken immer wieder ab. Hin zum Halleschen FC, hin zu seinen Jungs. Sie fehlen ihm. „Es ist jetzt ein ganz anderes Lebensgefühl für mich - irgendwie zwiespältig“, sagt Ciornei. Einerseits hat er jetzt jede Menge Freizeit - und kann nun auch erstmals seit Jahren nachmittags die Tour schauen. Andererseits fehlt ihm sein altes Leben in rot-weiß. „Ich kann jetzt mal die Beine hochlegen. Den Stress vermisse ich nicht. Aber ich würde lügen, wenn ich sage: Mir fehlt nichts“, sagt er.

14 Jahre lang - von den tristen Verbandsliga-Zeiten des Halleschen FC bis hin in die dritte Liga - war der 62-Jährige die gute Seele des Vereins. Niemand kam als Mannschaftsbetreuer Generationen von HFC-Kickern so nah, war ihr Vertrauter, ihr Ein-Mann-Rundum-Service-Team. „Er las uns Wünsche von den Augen ab“, sagt Kapitän Tim Kruse.

Der Hallesche FC vertraut auf ein breites Betreuer-Team. Und der Verein setzt dabei weitgehend auf Konstanz. Einige Änderungen zur Saison 2015/2016 gab es trotzdem.

Sven Köhler hat in dieser Saison erstmals zwei Co-Trainer. Neben dem langjährigen Assistenztrainer Dieter Strozniak vertraut er nun auch auf Benjamin Duray, der am Donnerstag 36 Jahre alt geworden ist. Duray bringt im athletischen Teil mit neuen Übungen frischen Wind rein. Jens Adler kümmert sich als Torwarttrainer weiterhin um die Belange der Hintermänner.

Auch hier gibt es eine Neustrukturierung. Hans Gottschalt schied aus. Dafür kümmert sich seit dem Trainingslager in Pockau Steve Rohr um die geschundenen Körper. Er kam von der SG Dynamo Dresden. Walter Moissejenko und Jens Neumann sind wie schon im letzten Jahr als Physiotherapeuten Teil der Mannschaft. Mannschaftsarzt ist weiter Thomas Bartels.

Norbert Ciornei schied aus. Geblieben ist Dagmar Schultze. „Daggi“ ist die gute Seele des Vereins.

Ohne das Team im Hintergrund würden die Spiele des HFC nicht reibungslos über die Bühne gehen. Neben Leiterin Julia Sitte und ihrer Assistentin Anika Fiedler sorgen auch Matthias Wienig (stellvertretender Veranstaltungsleiter), Christian Moser (Leiter Neue Medien) oder Jürgen Böhm (Organisator HFC-Fanbusse) für einen störungsfreien Ablauf.

Doch in die neue Saison, die am Sonntag in Cottbus beginnt, geht der Verein ohne Ciornei. Man wolle dessen Aufgaben jetzt auf mehrere Schultern verteilen, heißt es. „Es wird schon irgendwie klappen“, glaubt Ciornei. Es geht um eine Tonne Gepäck. Aber natürlich hätte er gern Gewissheit. Das wäre der Fall gewesen, wenn er selbst die Organisation des Drumherum einer Zwei-Tages-Tour nach Cottbus in den Händen gehabt hätte.

Dass dem nicht mehr so ist, hat seine Vorgeschichte Ende der letzten Saison: „Ich hatte mir meinen Vorstoß lange überlegt und mir Argumente zurechtgelegt“, erzählt Norbert Ciornei von seinem Gang zu Manager Ralph Kühne. Den bat er um einen Vollzeit-Job, seine Vorstellung: etwa 1.500 Euro monatlich.

Lange hatte Norbert Ciornei mit sich gerungen, ob er diesen Anspruch anmelden dürfe. Doch nach 14 Jahren beim HFC auf 450-Euro-Basis und einem Job als Busfahrer, den er nur in Teilzeit ausüben konnte fand er es an der Zeit, seinen Wunsch vorzubringen. „Jeder andere Drittligist beschäftigt seinen Teammanager hauptamtlich. Denn die Aufgaben sind immer mehr geworden“, sagt er und andererseits: „Mein Arbeitgeber wollte mich wieder in Vollzeit sehen, und ich muss auch an meine Rente denken und etwas verdienen. Also habe ich gedacht, ich frage mal wie es mit einem Vollzeit-Job bei meinem Verein aussieht“, erzählt Norbert Ciornei.

Die Reaktion war eine „vehemente Ablehnung“. Ein klares: keine Chance. Es sei kein Geld da. Selbst, dass sich Spieler für ihn stark machten, führte zu keinerlei Umdenken. Und Ciornei blieb auch konsequent. „Ich habe für mich die Reißleine gezogen.“

Am Sonntag wird er nun erstmals seit Jahren ein Spiel des HFC nicht vor Ort sehen. Er schaut es im TV. „Ich glaube, dass die Mannschaft gut aufgestellt ist“, sagt Ciornei. „Aber das ist nur Bauchgefühl, ich bin ja nicht mehr dabei.“ Das wird er nur noch privat sein, als Fan. Weil er auch keine Dauerkarte vom Klub bekam, was eine kleine Geste der Dankbarkeit gewesen wäre, hat er sich ein Tagesticket gekauft. „Ich schaue mir das Pokalspiel gegen Braunschweig an - bei den Fans in der Badkurve.“ Und er wird genau beobachten, ob Banovic auch seine Aufwärmhose hat. (mz)