Kein Profi-Trainer amtiert länger Kein Profi-Trainer amtiert länger: Sven Köhler geht in die achte Saison

Halle (Saale)/MZ - Der Fototermin brachte ungewollt Erinnerungen hoch. Kurz vor dem Saisonstart hatten sich Team und Trainer des Halleschen FC für das Mannschaftsfoto im Stadion in Halle versammelt. Doch bevor Trainer Sven Köhler vor die Kamera trat, führte sein Weg zum extra bereitgestellten Friseurteam. Und auf einmal war er da. Dieser Vergleich, diese Erinnerung.
„Als ich 2007 hier angefangen habe“ sagte Köhler also schmunzelnd, „wurde noch nicht so ein Aufwand betrieben. Da habe ich mich noch selbst gekämmt, dann klickte es - und es war gut. Es hat sich einiges geändert in diesen sieben Jahren.“
Wohl wahr! Denn Sven Köhler, 2007 Novize in seiner ersten Cheftrainer-Stelle, ist mittlerweile eine große Nummer. Er geht in seine achte Saison beim Halleschen FC. Und er ist inzwischen der dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball. Länger im Amt als die ganz Großen der Branche wie der Dortmunder Jürgen Klopp oder der Mönchengladbacher Lucien Favre.
Schöne Momentaufnahme
Wie klingt das: dienstältester Trainer mit gerade einmal 48 Jahren? Köhler denkt kurz nach, reibt sich mit der Hand am Kinn und sagt: „Das ist eine schöne Momentaufnahme, an die ich mich sicher auch später hin und wieder erinnern werde. Deswegen stelle ich mich aber noch lange nicht auf eine Stufe mit solchen Dinos wie Otto Rehhagel oder Thomas Schaaf.“ Wenn es sportlich nicht läuft, kann schon nach ein paar Monaten Schluss sein. So war es ja gleich im ersten Jahr fast bei mir.“
Realist durch und durch
Köhler ist Realist durch und durch. Und im Moment des Erzählens scheint der Film von damals wie in Echtzeit vor seinem geistigen Auge abzulaufen. Als er im Juli 2007 zum HFC gekommen war, hatte er eine komplette Mannschaft vorgesetzt bekommen. Und es war eine stark besetzte Oberliga-Truppe. „Ich konnte bei der Verpflichtung von Torwart Darko Horvat noch mitreden und habe Nico Kanitz von den Stuttgarter Kickers geholt. Der Rest passte. Mit dieser Mannschaft musste der Aufstieg in die neue Regionalliga einfach machbar sein“, erzählt Köhler.
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Welcher frühere Chemnitzer Trainer arbeitet für den HFC?
Schicken Sie uns Ihre Antwort bitte unter dem Betreff HFC-Chemnitz bis Donnerstag, 12 Uhr, per E-Mail an die Adresse: [email protected].
Gewinnen können nur Teilnehmer, die neben der richtigen Antwort auch ihre vollständige Anschrift und ihre Telefonnummer angeben. Die Gewinner werden telefonisch benachrichtigt. Eine Barauszahlung des Preises ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Doch es kam anders. „Als wir zum Ende der Hinrunde nur auf Platz fünf standen, vier Punkte hinter den Aufstiegsplätzen, und zu einem Nachholspiel im Dezember in Pößneck mehr als die normale Anzahl von Journalisten auftauchte, war mir klar: Hier geht es um deinen Job. Ich war wohl etwas zu naiv damals.“
Was ihm hilft, Krisen professionell zu meistern und was Köhler als seine wichtigste Tugend betrachtet lesen Sie auf Seite 2.
Tatsächlich kann man das heute nicht mehr von ihm behaupten. Sven Köhler ist inzwischen 48 Jahre alt und hat viel erlebt im Job. Er kann den Faktor Zeit, den eine Mannschaft zur Reife braucht, viel besser einschätzen. Und das hilft ihm, Krisen inzwischen hochprofessionell zu meistern. Als seine Mannschaft in der vergangenen Saison auf einem Abstiegsplatz überwinterte, und Spieler wie Umfeld sichtlich gereizt auf Kritik reagierten, fiel Sven Köhler durch ehrliche Statements auf. Er bewies Rückgrat, stellte sich kritischen Fragen der Öffentlichkeit, wohlwissend, dass auch er in der Kritik stand. Doch unwissentlich nahm er damit vielleicht genau den Druck von der Mannschaft, dass die nach der Winterpause den Schalter umlegen konnte.
Oberliga
Köhler selbst nennt Ehrlichkeit eine seiner wichtigsten Tugenden. „So bin ich erzogen worden“, sagt er. Und genau das zeigt sich, wenn der gelernte Kfz-Schlosser mitunter reichlich nüchtern über seinen Beruf spricht. Den sehe er nicht als Traumjob, sondern „als Beruf, von dem ich die meiste Ahnung habe“.
Köhler weiß um seine exponierte Stellung als Fußballtrainer, hat sich aber immer den Blick für andere Jobs bewahrt. Aus gutem Grund. „Als ich als Spieler mit dem Chemnitzer FC 1996 in die Regionalliga abgestiegen bin, musste ich halbtags arbeiten. Zeitweilig habe ich Dämmstoffe verkauft. Ich kenne auch die Schattenseiten.“
Köhler pendelt fast täglich
Auch deshalb ist Sven Köhler bodenständig geblieben. Trotz des zeitaufwendigen Jobs in Halle wohnt er in Chemnitz. Nur einmal in der Woche bleibt er in Halle, immer dann, wenn zweimal trainiert wird. Ansonsten pendelt er. Am Anfang seiner mittlerweile erwachsenen Söhne Benny und Flori wegen, deren Ausbildung er verfolgen wollte. Heute vor allem wegen seiner Frau Uta.
