Der eiserne „Keiler“ Hallescher FC: Wo Tom Persich einst das Fußballglück fand
Beim Zweitliga-Aufstieg 1991 war Tom Persich das Nesthäkchen des Teams. Wo der ehemalige Abwehrspieler sein Glück im Fußball fand.

Halle (Saale) - Tom Persich kann es kaum abwarten, dass er wieder in den Erdgas Sportpark darf, um zu sehen, was der Hallesche FC in der zehnten Drittliga-Saison bewerkstelligen: „Vielleicht gelingt uns ja noch mal solch ein Husarenstreich wie 1991.“ Was der 49-Jährige meint: Den Zweitliga-Aufstieg des rot-weißen Klubs, der für den damaligen Teenager in der Mannschaft von Trainer Bernd Donau der Start in eine beeindruckende Karriere war.
Schon als siebenjähriger Knirps rannte er beim HFC dem Fußball nach. Und am 1. September 1990, einen Monat vor der Deutschen Einheit absolvierte er beim 0:1 in Cottbus seinen ersten Einsatz in der NOFV-Oberliga. Schon nach drei Spielen warf ihn eine schwere Knieverletzung aus der Bahn. Der ehrgeizige Fußballer musste mit einem Platz in der HFC-Reserve vorliebnehmen und beobachtete den Sturm auf Platz vier der letzten DDR-Oberliga-Saison fast nur aus der Distanz. „So hatte ich mir das natürlich nicht vorgestellt“, räumt Persich ein. Doch in der Mannschaft der Saison 1990/91, in der er sich anfangs nicht durchsetzen konnte, wimmelte es von Top-Spielern wie Dariusz Wosz oder Rene Tretschok, die später beachtliche Karrieren im Profifußball hinlegten. Persich kam bei allem Talent auch in zweiten Liga kaum zum Zuge, erlebte aber seine internationale Feuertaufe im Herbst 1991. Beim Rückspiel des HFC im Uefa-Cup bei Torpedo Moskau (Hinspiel 2:1) sollte der 20-Jährige im Torpedo-Stadion den Moskauer Spielmacher Alexander Grischin ausschalten. „Ich habe keine Angst“, sagte Persich damals selbstbewusst dem MDR. „Mit Härte und Robustheit“, wie der es angekündigt hatte, legte er dann tatsächlich den russischen Wirbelwind an die Kette. Trotzdem verlor der HFC 0:3. Aus.
Erst im letzten Spiel der Saison 1991/92 durfte der Abwehrspieler ran
In der zweiten Liga blieb er zunächst außen vor. Erst im letzten Spiel der Saison 1991/92, bei dem es mit einem Sieg gegen Erfurt für den HFC rein rechnerisch noch zum Klassenerhalt hätte reichen können, durfte der Abwehrspieler ran. Der HFC verlor zu Hause gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten mit 1:2 und stieg ab. Persich, der 70 Minuten auf dem Platz gestanden hatte, war mit seinem Einstand dennoch „im großen und ganzen zufrieden“.

Nach dem Abstieg wurde Klaus Urbanczyk Coach, und der machte den jungen Persich zum „echten“ Teil jener Mannschaft, die 1992/93 als Tabellenzweiter nur knapp den sofortigen Wiederaufstieg verpasste. „Es reichte leider nicht, um Union Berlin abzufangen“, so Persich. 1994 gewann der HFC das Endspiel des Landespokals mit 4:3 gegen den 1. FC Magdeburg. Den Siegtreffer markierte Persich. „Wir haben kämpferisch alles gegeben, obwohl nach der Winterpause die Kassen des Vereins leer waren“, beschreibt er einen der emotionalsten Momente in seiner Karriere.
„Schließlich erlebte ich bei Union meine erfolgreichste Zeit.“
Da standen die Zeichen allerdings nicht nur für ihn schon auf Abschied. 28 Abgänge hatte der HFC, der einer Insolvenz entgegen taumelte, zu verkraften. Persich zog es zu Union Berlin. Die beste Entscheidung. „Schließlich erlebte ich bei Union meine erfolgreichste Zeit.“ Mit den „Eisernen“ bestritt der Verteidiger, den sie dort nur den „Keiler“ nannten, drei Spielzeiten in der zweiten Bundesliga. Am 26. Mai 2001 stand er mit Union als Regionalligist im DFB-Pokalfinale gegen Schalke 04. Die Partie gegen den Vizemeister ging zwar 0:2 verloren. „Aber vor 73.000 Zuschauern im Olympiastadion auflaufen zu dürfen, das war schon ein besonderes Gefühl“, schwärmt Persich noch heute. Als er mit 35 Jahren bei Union aufhörte, standen 321 Begegnungen und 16 Tore für die „Eisernen“ bei ihm bis 2006 zu Buche. Bei den Fans genießt er noch heute den Status eines Helden. In seine Bilanz fallen vier Europacup-Spiele für die Berliner, die es über Platz sieben in der Bundesliga wieder auf die internationale Bühne geschafft haben: „Das haben sich Verein und Fans verdient.“
Persich zog es samt Freundin und Kind zurück nach Halle. Da hatte er einen Master-Abschluss für Wirtschaftswissenschaften in der Tasche. Er war bis Oktober 2016 Trainer der Verbandsliga-Elf von Imo Merseburg - und schaffte fast den Aufstieg.
Inzwischen hat sich zu seinem Sohn noch eine Tochter gesellt. „Dadurch haben sich die Prioritäten in meinem Leben verändert“, bekennt der Familienvater. Und lachend räumt er ein, dass er erst nach Ende seiner Profikarriere entdeckt hat, „dass es auch ein Wochenende gibt“. Doch ganz ohne Kicken geht es nicht, wenn die Traditionsmannschaft des HFC wieder spielen darf, dann juckt es dem „Keiler“ in den Füßen. (mz)