Wechsel zum FC Bayern Wechsel zum FC Bayern: Kimmich - Das Wagnis eines Hochbegabten

Leipzig - Joshua Kimmich ist der Letzte auf dem Trainingsplatz am Leipziger Cottaweg. Der 19 Jahre alte Jungstar von RB Leipzig muss zum Trainingsauftakt eine ungewohnte Extraschicht schieben: Mit vor Kälte blauen Lippen spricht der Mittelfeldspieler zum ersten Mal über seinen überraschenden Wechsel zum FC Bayern München.
Kimmich antwortet kurz, kühl und bemüht, sowohl seinen künftigen als auch seinen aktuellen Arbeitgeber nicht zu brüskieren. Erst zum Ende des Gesprächs ist zu spüren, dass Kimmich neben seinem spielerischen Talent auch die Ellbogen haben könnte, beim Rekordmeister auffallen zu können. „Man muss das Selbstbewusstsein haben, dass man sich dort durchsetzt“, sagt Kimmich. „Dieses Selbstvertrauen habe ich, deshalb gehe ich dorthin.“ Er habe das Vertrauen der Bayern-Bosse gespürt, sagt er. „Sonst hätte ich den Schritt nicht gemacht.“
Enger Draht zum Berater
Dass der schwerreiche Red-Bull-Klub diesen interessanten Spieler ziehen lassen muss, erstaunt. Da RB Leipzig beste Kontakte zu Kimmichs Spielerberater Uli Ferber hat, war auch ein Verbleib des U-19-Europameisters möglich. Schließlich ist Sportchef Ralf Rangnick mit dem Gomez-Berater und Großaspacher Mäzen seit vielen Jahren gut befreundet, RBL-Präsident Oliver Mintzlaff war sogar jahrelang für dessen Agentur tätig und ist noch immer Gesellschafter bei Fair-sport.
Ferber erklärt: „Joshua weiß, was er Ralf Rangnick und Trainer Alexander Zorniger zu verdanken hat.“ Doch aufgrund der Vertragskonstellation sei es für RB Leipzig so gut wie unmöglich gewesen, den Hochveranlagten zu halten. Seit etwa drei Monaten hatte sich der Wechsel angebahnt. „Das war keine Entscheidung gegen den VfB Stuttgart oder RB Leipzig, sondern für den FC Bayern“, sagt Ferber.
Bereits als Kimmich 14 Jahre alt war, hatte sich Ferber an dessen Eltern gewandt, um das Talent aus dem schwäbischen Rottweil auf dem Weg in den Profi-Fußball zu begleiten. Bereits damals sei Kimmichs fußballerisches Können außergewöhnlich gewesen, doch der Nachwuchsspieler war noch zu klein und schmächtig, um ihm eine Karriere in der Bundesliga vorhersagen zu können. Erst im ersten Jahr in der Stuttgarter A-Jugend startete er richtig durch.
In der zweiten Mannschaft des VfB war dennoch kein Platz für ihn frei. Deshalb strengte Ferber 2013 den Wechsel nach Leipzig an. „Ausschlaggebend für Jos Entwicklung vom Nachwuchs- zum Seniorenspieler war der Wechsel zu RB Leipzig. Dort hat er von Anfang an Vertrauen und Einsatzzeiten bekommen“, sagt Ferber. „Jo brauchte vor eineinhalb Jahren eine Plattform, um sich zu zeigen und regelmäßig zu spielen, alles andere hätte seine Entwicklung gehemmt.“ Kimmich nutzte seine Chance.
Ehrgeizig und geerdet
Doch kann er es auch beim FC Bayern auf genügend Einsatzzeiten bringen, um sich zu entwickeln? Rangnick glaubt das. Und Ferber sagt: „Joshua ist extrem ehrgeizig, hat immer den Anspruch, sich zu verbessern und zu messen. Zusammen mit seinem sympathischen, bodenständigen, geerdeten Wesen ist das eine gute Kombination, um Erfolg zu haben.“ Sein derzeitiger Trainer Alexander Zorniger sieht das etwas kritischer: „Ich bin sicherlich ein noch größerer Fan von Jo als Matthias Sammer oder Pep Guardiola. Aber er muss auf diesem Niveau erst einmal zeigen, dass er mithalten kann.“
Angesichts des Überangebots, das der Rekordmeister im Mittelfeld hat, stehen die Chancen schlecht, dass Guardiola bereits im Sommer auf den Jungen aus Rottweil setzt. Daher gilt eine Leihe als wahrscheinliche Option. Interessenten gäbe es genug – vielleicht auch RB Leipzig? (mz)