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Vetternwirtschaft beim Fußball-Landesverband? Vetternwirtschaft beim Fußball-Landesverband?: Viel Wirbel nach anonymem Brief

Von Karl Ebert 18.02.2015, 17:55
Ein Fußball liegt zum Eckball bereit.
Ein Fußball liegt zum Eckball bereit. dpa

Halle (Saale) - Vom Fußball-Landesverband Sachsen-Anhalt (FSA) ist man einiges gewohnt. Vor fünf Jahren drohte die Insolvenz. Dann waren der neue Präsident Erwin Bugar, ein 62-jähriger Anwalt, und seine Mannschaft 2012 angetreten, den Stallgeruch zu beseitigen und den Verband wieder zu jenem zu machen, was er eigentlich sein soll: ein Dienstleister für die insgesamt 850 Fußballvereine im Land.

Das ging zwei Jahre ganz gut, doch dann häuften sich wieder die negativen Schlagzeilen. Zuletzt sahen sich die Funktionäre in Magdeburg sogar Manipulationsvorwürfen ausgesetzt. Sie mussten die Auslosung des Landespokal-Halbfinales wiederholen, weil sie beim ersten Mal nicht bemerkt hatten, dass eine der Loskugeln markiert war.

Brief mit viel Insiderwissen

Doch jetzt kommt es noch dicker. Die FSA-Bosse müssen sich mit Vorwürfen wie Beugung der eigenen Verbandssatzung und Vetternwirtschaft bei der Besetzung von Stellen in der Geschäftsstelle auseinandersetzen. Diese wurden in einem anonymen Brief erhoben, der der MZ vorliegt und offensichtlich Insiderwissen enthält.

Dort heißt es: Präsident Bugar soll einer Bekannten aus seinem Wohnort Möckern die beim FSA offene Stelle in der Abteilung Finanzen zugeschanzt haben. Der zweite Vorwurf: Vizepräsident Matthias Albrecht habe mit Steffen Dauter einen Geschäftsführer eingestellt, „den im Land keiner kennt und der vom Amateurfußball keine Ahnung hat“, wie der Schreiber meint.

Der dritte Vorwurf wiegt am schwersten: Albrecht habe mit Maik Tränkler einem guten Bekannten zu einem lukrativen Job verholfen. Schließlich habe dieser die Stelle als stellvertretender Geschäftsführer ohne Ausschreibung erhalten. Ausschließlich wegen dieser Einstellung seien die Gebühren, die die Vereine seit diesem Jahr für die Pflege und Wartung des verbandseigenen Internet-Auftritts und die Plattform DFBnet bezahlen müssen, gestiegen: von 30 auf 96 Euro pro Jahr.

In Thüringen sind überhaupt keine Gebühren für den Dienst DFBnet fällig. Der Geschäftsführer des TFV, Heinz-Joachim Jungnickel, bestätigte, dass die Vereine zwar eine Medienpauschale zahlen, in der auch zehn Euro für elektronische Postfächer enthalten sind. Die Kosten für den Dienst DFBnet trägt aber der Verband.

In Brandenburg, so teilte Michael Hillmann, Geschäftsführer des Landes-Fußballverbandes, mit, müssen die Vereine keine Kosten für den Dienst übernehmen. Alles könne über die Mitgliedsbeiträge abgedeckt werden. Er warnte allerdings vor einem Vergleich mit dem FSA, da „jeder Verband andere Strukturen hat“ und somit jeder Verband ein eigenes Konzept der Beitragserhebung benötige.

Der Landesfußballverband Mecklenburg-Vorpommern hingegen erhebt erst seit diesem Jahr von den Vereinen einen DFBnet-Beitrag von 30 Euro. Den müssen auch die Kreisverbände zahlen - 30 Euro pro Staffel im Jahr. (fad)

Das Geld, so sah es die vom FSA-Vorstand mehrheitlich bestätigte Vorlage vor, wird für das Gehalt von Tränkler verwendet. Zahlen 850 Vereine monatlich 66 Euro mehr, so wie es praktiziert wird, käme man auf 56 100 Euro - ein lukratives Jahresgehalt.

Albrecht, im Hauptberuf Anwalt, ist entsetzt. „Ich habe Maik Tränkler im August 2014 über Facebook kennengelernt und erfahren, dass er in der Telekommunikationsbranche arbeitet und umfangreiche IT-Erfahrung besitzt. Genau so einen Mann haben wir im Verband gesucht, um die Lizenzverwaltung zu betreuen und die Mitarbeiter-Motivation auf Vordermann zu bringen“, erklärte Albrecht. Er habe Tränkler dem Präsidium lediglich vorgeschlagen und sich bei der Abstimmung über die Jobvergabe aber enthalten.

Wegen einer persönlichen Beziehung zu Tränkler? Albrecht sagt: „Zum Zeitpunkt seiner Anstellung waren wir nur Bekannte. Über mein aktuelles Privatleben muss ich mich an dieser Stelle nicht auslassen.“

Fakt ist, der anonyme Brief, der auch beim FSA die Runde macht, sorgt für mächtig Wirbel. Erst recht, weil er laut Albrecht „mit seiner Detailkenntnis nur aus dem innersten Kreis von Präsidium oder Vorstand selbst kommen kann“. Am Montag „wird sich das Präsidium mit der Thematik beschäftigen und wenige Tage später auch den Vorstand informieren“, erklärt FSA-Pressesprecher Volkmar Laube.

„Vorwürfe treffen uns schwer“

So lange wollte Vizepräsident Albrecht aber nicht warten. „Die Vorwürfe der Satzungsbeugung und der Begünstigung Dritter treffen uns als Anwälte sehr schwer“, sagte Albrecht. Laut FSA-Satzung gebe es keinerlei Verstöße. „Danach müssen weder der Präsident noch ich als Vizepräsident als Zeichnungsberechtigte verbandsinterne Stellen ausschreiben. Wir machen es üblicherweise aber, um genau diesem Vorwurf der Vetternwirtschaft aus dem Weg zu gehen“, so Albrecht. Über die Besetzungen der ausgeschriebenen Stellen für Finanzen und den Geschäftsführer hat übrigens das neunköpfige Präsidium entschieden - mit Albrechts Stimme.

Der Vizepräsident hat aus der ganzen Affäre aber auch schon erste Konsequenzen gezogen. „Wenn ich bei meinem Amtsantritt gewusst hätte, was da in einem Ehrenamt auf mich zukommt, wäre ich wahrscheinlich noch abgesprungen“, sagte Albrecht. Eines aber steht für ihn schon jetzt fest: „Ich werde nie wieder etwas allein entscheiden. Jeden Vorgang, der künftig mit Stellenbesetzungen zu tun hat, bekommt die Arbeitsgruppe Personal auf den Tisch. Dann müssen Präsidium und Vorstand ihr Einverständnis geben. Und erst dann wird Matthias Albrecht etwas unterschreiben.“ (mz)